Widerstand der Belegschaft

Bosch Power Tools: Proteste gegen Werksschließung in Leinfelden-Echterdingen

Stand

Von Autor/in Christian Spöcker

Das Werk von Bosch Power Tools in Leinfelden-Echterdingen soll nach 2026 geschlossen werden. 230 Beschäftigte sind davon betroffen. Sie haben jetzt gegen die Pläne demonstriert.

In Leinfelden-Echterdingen (Kreis Esslingen) haben am Mittwoch Beschäftigte gegen die geplante Werksschließung von Bosch Power Tools demonstriert. Mit dem Auto kam man an diesem Nachmittag nur schwer zum Werk in Leinfelden, denn die letzten Meter der Straße wurden versperrt von einem Fahrzeug der Werksfeuerwehr. Ein Feuer war zwar nicht zu sehen, trotzdem kann man sagen: Bei Bosch brennt es. Denn der Konzern steckt in der Krise und will Stellen abbauen, auch am Standort Leinfelden.

Bosch-Beschäftigte erschüttert von geplanter Schließung

Bosch hatte Anfang April angekündigt, die Produktion am Stammsitz in Leinfelden-Echterdingen und im sächsischen Sebnitz auslaufen zu lassen. Konkret bedeutet das, dass sie nach 2026 geschlossen werden sollen. Betroffen von den Plänen sind insgesamt rund 500 Beschäftigte, davon 230 in Leinfelden-Echterdingen. Die IG Metall hatte zu Protesten dagegen aufgerufen, schätzungsweise mehr als 200 Menschen beteiligten sich, darunter auch Milica Bekavac.

Die 63-Jährige aus Korntal stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien und arbeitet seit 1982 bei Bosch in Leinfelden. Zurzeit werden in Leinfelden-Echterdingen noch Elektrowerkzeuge hergestellt, sie selbst ist im Qualitätsmanagement tätig. Nach 2026 sollen die Produkte teilweise bei Bosch Power Tools in Ungarn hergestellt werden. Sie finde die Konzernpläne schlimm, sagte Bekavac mit Tränen in den Augen.

Ich find's schlimm. Da sind so viele Kollegen dabei, die sehr viel Herzblut reingesteckt haben. Und jetzt will man das alles niederschmettern - das kann doch nicht sein!

Die Bosch-Mitarbeiterin Milica Bekavac steht bei einer Kundgebung vor dem Werk von Bosch Power Tools in Leinfelden-Echterdingen.
Die Bosch-Mitarbeiterin Milica Bekavac steht bei einer Kundgebung vor dem Werk von Bosch Power Tools in Leinfelden-Echterdingen.

Emotionen waren an diesem Tag bei vielen zu spüren. Manche hatten wie Milica Bekavac Tränen in den Augen, andere reagierten mit Buhrufen und Pfiffen, wenn Rednerinnen und Redner auf der Bühne über die Konzernpläne sprachen. Die Betriebsratsvorsitzende von Bosch Power Tools in Leinfelden-Echterdingen Karin Solda beendete ihre Ansprache, indem sie "You never walk alone" sang, ein Lied aus der Fußball-Szene. Niemand von den betroffenen Bosch-Beschäftigen werde allein gelassen, so die Botschaft des Songs und der Betriebsratsvorsitzenden.

Vorwurf: Vor vollendete Tatsachen gestellt

Sie kritisiert, der Konzern habe die Beschäftigten und ihre Vertreter vor vollendete Tatsachen gestellt. Von Bosch heißt es dazu, der Dialog mit dem Betriebsrat über die Wettbewerbsfähigkeit finde schon seit Jahren statt. Diesem sei auch bewusst, dass viele der in Leinfelden-Echterdingen produzierten Produkte nicht wettbewerbsfähig seien, entgegnete Bereichsvorstands-Chef Thomas Donato im Gespräch mit dem SWR.

Solda ist zugleich als Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Bosch Power Tools für andere Standorte zuständig, nicht nur für Leinfelden-Echterdingen. "Das ist mit uns nicht zu machen", sagte sie über die Pläne, die Produktion am Stammsitz in Leinfelden-Echterdingen und im sächsischen Sebnitz auslaufen zu lassen. Sie will sich weiter dafür einsetzen, dass die Bosch-Beschäftigten eine Perspektive haben. Trotzdem befürchtet sie, vielen droht die Arbeitslosigkeit. 

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Bosch: Wirtschaftliche Lage ist schlecht

Der Konzern erklärt, die wirtschaftliche Lage sei nun einmal schlecht - und die Nachfrage nach den Geräten sei nicht wie erwartet. Donato sagte, Bosch versuche, Mitarbeitende an andere Standorte in Deutschland oder der Region Stuttgart zu vermitteln - "zugegebenermaßen ist das momentan nicht sehr leicht", räumte er ein. Nun wolle der Konzern mit Arbeitnehmervertretern verhandeln, wie die geplanten Werksschließungen sozialverträglich umgesetzt werden könnten, beispielsweise über Frühruhestandsregelungen.

Landes-SPD will mit Bosch-Konzernspitze sprechen

Auch Vertreter der Landespolitik kamen nach Leinfelden-Echterdingen. Der SPD-Landeschef und Fraktionsvorsitzende Andreas Stoch kündigte im SWR-Interview an, er wolle sich im Gespräch mit der Konzernführung für die Bosch-Beschäftigen einsetzen. Die Politik treffe zwar keine wirtschaftlichen Entscheidungen, doch sie könne Unterstützung anbieten, damit Entscheidungen für einen Standort wie Leinfelden-Echterdingen getroffen werden, sagte Stoch.

Andreas Stoch
Andreas Stoch, SPD-Landeschef und Fraktionschef der SPD im Landtag (Archivbild)

Die Konzernführung müsse prüfen, ob es nicht doch Möglichkeiten gebe, die Schließung des Werks in Leinfelden-Echterdingen abzuwenden, forderte der SPD-Landeschef.

Ich würde die Bosch-Geschäftsleitung auffordern, alle Alternativen nochmal eingehend zu prüfen, die ein Aufrechterhalten dieses Standorts möglich machen und nicht krass die Schließung des Standorts zur Folge hätten.

Die Bosch-Mitarbeiterin Milica Bekavac weiß noch nicht, wie es mit ihr am Standort Leinfelden weitergeht. Sie selbst mit ihren 63 Jahren wird es möglicherweise weniger hart treffen, schließlich steht sie ohnehin kurz vor der Rente. Doch ihr gehe es nicht nur um sich selbst, sondern auch um die anderen Mitarbeitenden und um die Region, sagte sie.

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