Nach dem Austritt aus Partei und Gemeinderatsfraktion haben drei Pforzheimer AfD-Stadträte heftige Kritik an ihrem Kreisverband geübt. Manuel Kratt, Mathias Bock und Niels Mommer hatten am Donnerstag angekündigt, aus der bislang neunköpfigen AfD-Fraktion im Gemeinderat auszutreten. Somit stellt die AfD nicht mehr die größte Fraktion. Mit acht Sitzen ist jetzt wieder die CDU stärkste Kraft im Ratssaal. Sie nimmt damit wieder den Platz ein, den sie bis zur Kommunalwahl im vergangenen Jahr über Jahrzehnte innehatte. Auch zwei AfD-Mitglieder im Kreistag des Enzkreises sind ausgetreten.
Die drei ausgetretenen Stadträte sprachen in einer schriftlichen Erklärung am Freitag von tiefgreifender politischer und organisatorischer Unzufriedenheit mit dem aktuellen Zustand des Verbands. Sie wollen im Gemeinderat verbleiben und fortan eine eigene Fraktion bilden: die "Bürgerliche Allianz Pforzheim". Vorsitzender sei Niels Mommer, wie Manuel Kratt dem SWR gegenüber bestätigte.
AfD-Stadträte: "Kreisverband Pforzheim im internen Chaos"
Die Kritik der drei Stadträte richtet sich insbesondere gegen die amtierende Vorsitzende des AfD-Stadt- und Kreisverbands Pforzheim, Diana Zimmer. Seit ihrer Amtsübernahme sei der Kreisverband zunehmend in internes Chaos und organisatorische Unzulänglichkeit abgerutscht. Von einem strukturierten und professionellen Kurs könne keine Rede sein, heißt es in der Erklärung.
Der Kreisverband hat sich in eine Art "Laienschauspieltruppe" verwandelt.
Auch im Gemeinderat sei die bisher stärkste Fraktion kaum noch durch Sachanträge oder konstruktive Beiträge aufgefallen, heißt es in der Erklärung weiter. Fraktionsinterne Beschlüsse seien durch die Fraktionsführung wiederholt ignoriert worden.
Tatsächlich zeichnete sich die AfD-Fraktion im Pforzheimer Gemeinderat dadurch aus, dass ihre Mitglieder sehr häufig unterschiedlich abstimmten.

Fraktion und Kreisverband der AfD in Pforzheim wehren sich gegen Kritik
Der Fraktionsvorsitzende Alexsei Zimmer kritisierte den Austritt von Kratt, Bock und Mommer. Ihre Entscheidung stehe im Widerspruch zum klaren Auftrag der Wähler, die für eine starke AfD im Gemeinderat votiert hätten.
Diese Missachtung des Wählerwillens lehne ich entschieden ab und fordere die Herren Dr. Niels Mommer, Mathias Bock und Manuel Kratt auf, ihre Mandate unverzüglich zurückzugeben.
Auch die ehemalige Fraktionssprecherin und jetzige AfD-Bundestagsabgeordnete Diana Zimmer forderte ihre ehemaligen Ratskollegen auf, den Platz zu räumen. Offenbar, mutmaßt Zimmer, wollten die drei Männer den eingeschlagenen Weg der Professionalisierung mit "klaren Strukturen und sachorientierter Politik" nicht mittragen. Möglicherweise hätten nach der Wahl ihres Bruders Alexsei Zimmer zu ihrem Nachfolger auch persönliche Enttäuschungen eine Rolle gespielt. Die Betroffenen hätten danach keine Perspektive mehr für sich gesehen.

Ein AfD-Fraktionsmitglied, das anonym bleiben möchte, fand gegenüber dem SWR ebenfalls deutliche Worte: Die Drei hätte eigentlich nie richtig dazu gehört, seien grundsätzlich gegen alles gewesen, wofür die Mehrheit stimmen wollte. Bei Fraktionssitzungen hätten sie häufig durch Abwesenheit geglänzt oder seien nicht vorbereitet gewesen.
AfD-Fraktion im Enzkreis geschrumpft - Fraktionschef spricht von Postengeschacher
Auch der AfD-Fraktionsvorsitzende des Enzkreises, Christoph Wichardt, ist aus Fraktion und Kreisverband ausgetreten. Auf Nachfrage des SWR bestätigte Wichardt, dass es einen Zusammenhang mit den Vorgängen im Pforzheimer Gemeinderat gebe. In einer schriftlichen Erklärung nannte er am Freitag unter anderem fehlende Professionalität in der Partei als Grund für seinen Schritt. Es gehe nicht mehr um Leistung, sondern um Netzwerke.
Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es den Funktionären nur noch um Posten und nicht mehr um die Sache geht.
Der Austritt aus der AfD sei ihm nicht leicht gefallen. Die Partei sei als vernünftige Alternative für Deutschland gestartet, mittlerweile aber selbst zur Altpartei geworden. Sein Mandat im Kreistag wolle er "bis zum Ende" wahrnehmen.
CDU: Bislang keine konstruktive Mitarbeit im Gemeinderat
Die CDU als - jetzt wieder - stärkste Fraktion äußert sich bislang zurückhaltend zu den jüngsten Entwicklungen. Ihr Vorsitzender Andreas Renner meinte, an ihrer Arbeit änderten die Vorgänge nichts.
Inhaltlich habe ich die Drei – wie die gesamte AfD-Fraktion - gar nicht wahrgenommen, weder positiv noch negativ. Die AfD trat inhaltlich einfach nicht auf.
Von den drei Ex-AfD-Räten habe er eigentlich nur die Namen und Gesichter gekannt. Inhaltlich wisse er nichts über sie. Aber das gelte für die gesamte AfD-Fraktion. Anders als mit anderen Fraktionen habe es mit ihr keine konstruktive Zusammenarbeit gegeben. Die AfD, so Renner, habe "nicht gerade durch übermäßige Mitarbeit geglänzt".