Rabatte oder Sparpreise für bestimmte Produkte gibt es in vielen Supermärkten oder bei Drogerieketten mittlerweile nur noch über eine App. Das stößt gerade bei älteren Kunden auf Unmut. Immerhin ein Viertel der über 65-Jährigen nutzt laut Studien gar kein Handy oder Smartphone. Viele wollen sich die Apps der Einzelhändler auch gar nicht herunterladen. In diesem Fall sind sie von Rabattaktionen abgeschnitten. Grenzt das schon an Altersdiskriminierung?
Die Mainzerin Helga Dörhöfer, stolze 93 Jahre alt, ärgert sich jedenfalls über diese Praxis der Einzelhändler. Sie stellte beim Einkauf im Supermarkt erst an der Kasse fest, dass sie für ihren Markenkaffee nicht den Rabattpreis, sondern den höheren bezahlen musste.
Ich kam an die Kasse und habe hinterher meinen Zettel angeguckt und dann dachte ich, komisch, das war doch ein anderer Preis. Die hat mich dann aufgeklärt: Ja, das ist der App-Preis, das wäre noch mal 50 Cent billiger gewesen. Und das finde ich unmöglich!
Sie besitzt zwar ein Smartphone, nutzt es aber überwiegend zum Schreiben, um Verabredungen zu treffen und Kontakt zur Familie und zu Bekannten zu halten. Die App des Discounters lässt sich auf ihrem schon etwas älteren Modell nicht installieren, erzählt sie.

Auch Horst Lamby ist sauer, dass er an der REWE-Kasse den normalen Preis für seinen Getränkeeinkauf zahlen musste, weil er die App nicht hat. Der 89-Jährige besitzt zwar ein Handy, nutzt auch einen Computer, aber er hat kein Smartphone. Und er will sich in seinem Alter auch keines mehr anschaffen. Das sei ihm technisch zu kompliziert, er habe auch niemanden in der Nähe, der es ihm erklären könne. Er fühlt sich diskriminiert, sagt er. Horst Lamby hat seinem Ärger Luft gemacht und sich in einem Brief an die REWE-Hauptverwaltung in Köln beschwert. Er bekam zwar Antwort, die sei aber "ziemlich nichtssagend" gewesen. Für sich hat er die Konsequenz gezogen, dort nicht mehr einzukaufen.
"Rabatt-Apps benachteiligen ältere Menschen"
Die Verbraucherzentrale (VZ) Rheinland-Pfalz sieht die Rabatt-Apps der Einzelhändler kritisch. "Benachteiligt werden ältere Menschen, die kein Smartphone haben, sich auch keins zulegen möchten", sagt die Juristin Andrea Steinbach von der VZ. Viele wollten auch nicht einfach so ihre Daten hergeben.
Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Rabatte nicht (...) an eine Datensammelmaschine angeschlossen sind.
Verboten sei das Vorgehen der Händler allerdings nicht, so Andrea Steinbach. "Verschiedene Rabatte für verschiedene Vertriebskanäle auszuspielen, das ist aktuell nicht unlauter und verstößt auch nicht gegen Wettbewerbsrecht."
Es ist wenig verbraucherfreundlich, aber es ist nicht diskriminierend. Recht und Gesetz sprechen momentan für die Anbieter.
Dennoch rät sie Kundinnen und Kunden, sich zu wehren. Man könne sich bei der Verbraucherzentrale melden oder auch beim Verband "Digitalcourage". Wenn Verbraucherinnen und Verbraucher sich beschwerten und Dinge öffentlich machten, sei am Ende auch die Politik gefordert, so Steinbach.
Wehren können sich Kunden zwar nicht gegen die Rabatt-Apps generell. Aber, so der Hinweis der Juristin, die Händler müssen die Kunden transparent informieren. Das heißt, "es muss deklariert sein, was ein Produkt normalerweise kosten würde und was ich als Rabatt spare." Man müsse in die Lage versetzt werden, wirklich eine freie Kaufentscheidung zu treffen.
Wenn das nicht transparent gekennzeichnet ist, verstößt es gegen die Preisangabenverordnung und ist so nicht rechtens.
Sozialministerin Dörte Schall (SPD), deren Haus auch für Digitalisierung zuständig ist, sieht für die Politik wenig Möglichkeiten, gegen die Einzelhändler vorzugehen.
Das Sonderangebot der Supermärkte ist ein Angebot, das die Supermärkte ihren Kunden machen. Da haben wir keine Einflussmöglichkeiten.
Die Ministerin setzt eher darauf, Seniorinnen und Senioren dabei zu unterstützen, sich in der digitalen Welt zurechtzufinden. Schall verweist auf Angebote wie etwa die Digitalbotschafter - rund 700 Ehrenamtliche in Rheinland-Pfalz, die Menschen informieren und schulen sollen. "Wir wollen es möglich machen, dass 20 Jahre nach der Einführung des Smartphones alle Menschen, egal welchen Alters, teilhaben können an der Entwicklung", so Schall.
Klage gegen Lidl, Penny und REWE
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat bereits gegen Lidl, Penny und REWE geklagt. Der Grund: In Prospekt- und Fernsehwerbung wurden teilweise nur Preise für App-Nutzer angezeigt, nicht der reguläre Preis. Bei REWE-Werbeaktionen fehlten zudem die tatsächlichen Preise der Produkte. Lediglich die Höhe des Rabatts für App-Nutzer wurde angegeben.
Spart man mit den Apps überhaupt?
Verbraucherschützer warnen ohnehin oft vor den App-Angeboten. Ob Kundinnen und Kunden überhaupt etwas sparen, ist aus ihrer Sicht fraglich. Und man zahlt in jedem Fall mit seinen Daten. Die wiederum die Discounter nutzen können, um passgenaue Werbung zu platzieren.