Sachsen Abgemagert und verletzt: 1.200 Igel zur Auffangstation Radebeul gebracht
Herbst und Igel - das war lange Zeit eine Einheit. Doch in Sachsen haben es die Stacheltiere zunehmend schwerer. Tier- und Naturschützer sehen die Kleinsäugetiere durch Wetterkapriolen und menschengemachte Gefahren gefährdet. Ein Hilfsverein in Radebeul bei Dresden muss sich um immer mehr Igel kümmern.
- Die Zahl der Igel in Sachsen nimmt laut Naturschützern ab.
- Im Herbst sind vor allem die mobil werdenden Jungtiere von vielerlei Gefahren bedroht.
- Tierschutzvereine wie die Igelhilfe Radebeul melden eine steigende Anzahl von abgegebenen Igeln.
Die Zahl der Igel in Sachsen geht immer weiter zurück. Wie der Naturschutzbund (Nabu) mitteilte, werden inzwischen 85 Prozent weniger Igel als 1994 auf der Straße gefunden, obwohl der Verkehr deutlich zugenommen hat. Das zeige, dass der Igelbestand in Sachsen stark abgenommen habe. Die Tiere fänden immer weniger Rückzugsmöglichkeiten und Nahrung, weil immer mehr Flächen versiegelt werden. Für große Verluste sorgen laut Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) auch Mähroboter.
Großer Andrang bei Igelhilfsverein
Dennoch gilt der Igel im Freistaat bisher als nicht gefährdet, sagte eine Sprecherin der Landesumweltbehörde. In der aktuellen Roten Liste des Landes stehe das Kleinsäugetier als "ungefährdet".
Ungeachtet des Rückgangs häufen sich im Herbst die Funde verletzter Igel. Laut Nabu steigt in dieser Jahreszeit die Zahl der von Autos überfahrenen Tiere, wenn die Jungen mobil und selbstständig werden. Während die Igelmännchen schon im Winterschlaf sind, werden die Weibchen später erst aktiv, Nahrung dafür zu sammeln, was immer länger dauert, und lassen ihren Nachwuchs allein. Das LfULG sieht Igel zudem bedroht durch freilaufende Hunde, Waschbären und Rotfüchse.
Viele aufgefundene Igel werden durch fahrende Autos oder durch den Einsatz von Mährobotern verletzt. (Symbolbild)
Das spürt auch der Verein Igelhilfe in Radebeul mit 25 Ehrenamtlichen. Dort sind eigenen Angaben zufolge bis Mitte Oktober rund 1.200 Tiere vorgestellt worden. Nur im Corona-Jahr 2020 habe mit 1.700 Tieren mehr Andrang geherrscht. "Das nimmt von Jahr zu Jahr zu, vor allem, weil Igel nicht mehr genug Nahrung finden", so die Vereinsvorsitzende Karina Görner. Viele Igel seien abgemagert oder mit Beinverletzungen eingeliefert worden. Aktuell seien die regulären 60 Plätze belegt, die Station fahre am Limit.
Wir haben schon mehr als im ganzen Vorjahr. Die regulären Plätze sind alle belegt. Karina Görner | Vorsitzende Igelhilfe Radebeul e.V.
Verein sucht "Pflegeeltern"
Wer helfen will, sollte die stacheligen Bewohner in eine Kiste setzen und zur Igelhilfe bringen. Die Igelhilfe sucht auch permanent nach Pflegeeltern. Hin und wieder gibt es demnach ein Happy End für Igelwaisen, deren Mütter das Nest verlassen hatten. "Es gibt erfolgreiche Rückführungen zu den Müttern an Orten, wo sie entdeckt wurden", berichtete Görner.
Tipps, damit Igel überleben
- Igelexperten wissen: Kleine Igel sind krank, wenn sie schwach, kalt und apathisch auf der Seite liegen.
- Wer einen normalerweise nachtaktiven Igel tagsüber sieht, sollte schauen, ob das Tier gesund ist. Wiegt ein Igel weniger als 500 Gramm, kann man zufüttern, sagt der Tierschutzbund.
- Als Igelfutter sind Wasser und Katzennassfutter geeignet - niemals Milch.
- Den Garten im Herbst nicht komplett beräumen und alles abschneiden. Die meisten Sträucher, Büsche und Pflanzen können im Frühjahr beschnitten werden. "Lieber alles stehen und liegen lassen, wirklich: Seien Sie so faul wie möglich", empfiehlt der Wildtierexperte beim Naturschutzbund (Nabu) Thüringen, Silvester Tamas. Igel mögen geschützte Plätze, die ruhig und warm sind.
- Keine Pestizide und Gifte im Garten anwenden.
- Der Nabu empfiehlt, ein paar Ecken im Garten ungemäht zu lassen. So fänden die Igel auf natürliche Weise genügend Futter und Wasser.
- Wer unbedingt einen Mähroboter benutzen möchte, sollte ihn ab der Dämmerung nicht mehr laufen lassen.
MDR (kk/wim)/dpa