Ausstellung in Aschersleben Erste Meisterwerke: Wie Neo Rauch als Kind zeichnete
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23. Mai 2025, 08:56 Uhr
Ab Samstag präsentiert die Grafikstiftung Neo Rauch in Aschersleben eine Ausstellung mit rund 100 Zeichnungen des Künstlers aus seiner Kindheit. Ergänzt wird die Schau durch aktuelle Werke, darunter drei Lithografien und zwei großformatige Ölbilder auf Papier. MDR KULTUR-Kunstredakteur Andreas Höll hat Rauch im Vorfeld der Ausstellungseröffnung in seinem Atelier in Leipzig besucht, um mehr über seine frühen Arbeiten zu erfahren.
- Neo Rauch fiel schon als Fünfjähriger mit seinem künstlerischen Talent auf.
- Manche seiner frühen Werke erinnern an Comics von "Mosaik"-Schöpfer Hannes Hegen.
- Rauch präsentiert seine Kinderzeichnungen nun erstmals in Aschersleben.
Alles begann mit einem Unfall auf dem Rummelplatz. Der kleine Neo Rauch hatte nicht aufgepasst – und das hatte dann schmerzhafte Konsequenzen. Was der Fünfjährige im Krankenhaus zu Papier bringt, hat wenig mit einer heilen Kinderwelt zu tun. Im Gegenteil – es ist eine Welt voller Gewalt.
Ich staune vor allen Dingen über die Formulierungskraft, die mir damals zu eigen war.
"Es geht dort wirklich ziemlich blutrünstig auf diesen Motiven zu", erklärt Neo Rauch rückblickend. "Das geht schon im zarten Alter von fünf Jahren los und ich staune vor allen Dingen über die Formulierungskraft, die mir damals zu eigen war."
Neo Rauchs Großeltern bewahren frühe Werke auf
Mit expressivem Strich zeichnet das Kind martialische Motive. Und diese blutrünstigen Fantasien haben dann auch einen Kinderpsychiater auf den Plan gerufen. Der Mediziner diagnostiziert ein frühkindliches Trauma, das offenbar mit dem frühen Tod der Eltern zusammenhängt. Doch zugleich ist er beeindruckt von der Schöpferkraft des Kindes.
Heben Sie mal alles auf, was der Junge so zeichnet.
Und so gibt der Arzt den Großeltern von Neo Rauch einen folgenschweren Rat, wie der Künstler erzählt: "Er sagte: 'Heben Sie mal alles auf, was der Junge so zeichnet.' Und daran haben sie sich gehalten. Deswegen haben wir jetzt so etwa 500 Blätter zur Hand."
Comics zählen zu frühesten Vorbildern
Die zeichnerische Begabung des 1960 in Leipzig geborenen Kindes zeigt sich aber nicht nur bei martialischen Darstellungen von Krieg und Gewalt, sondern auch bei prägnanten Porträtskizzen, die zuweilen durchaus auch an George Grosz oder an Max Beckmann erinnern.
Daneben gibt es aber auch Buntstift-Zeichnungen, die surreale Comic-Welten erschaffen. Manchmal muss man an Hannes Hegen denken, den Schöpfer der Mosaik-Hefte, dann wiederum stößt man auf einen witzigen Fantasiekopf, auf dem kleine Männchen herumturnen und selbst zum Bestandteil des Gesichts werden. "Es ist einfach sehr lustig", sagt Rauch heute über die Motive.
Neue Ausstellung in Aschersleben: "Kein weiteres Unterfangen dieser Art"
Diese Abenteuerreise in die Kindheit hat Neo Rauch zu aktuellen Bildern inspiriert, wie etwa die großformatige Öl-auf-Papier-Arbeit mit dem Titel "Dämonen". Hier sieht man einen kleinen Jungen in einem Krankenhausbett sitzen. Er ist bewaffnet mit Stift und Zeichenblock, umgeben von allerlei teuflischen Gestalten.
Neo Rauch hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder intensiv mit seiner eigenen Biografie und seiner Familiengeschichte auseinandergesetzt. So gab es 2016 beispielsweise die Schau "Vater und Sohn" in der Grafikstiftung. Gezeigt wurden damals Arbeiten, die sein früh verstorbener Vater Hanno als Kunststudent angefertigt hatte.
Jetzt, 2025, präsentiert Neo Rauch erstmals seine Kinderzeichnungen in Aschersleben. Bei der Ausstellung handelt es sich nach seiner Aussage um "eine weitere Tiefenbohrung" in seine Biografie. "Und tiefer geht es dann wohl auch nicht. Zu meinen Lebzeiten wird es wohl kein weiteres Unterfangen dieser Art geben", so der Künstler.
Weitere Informationen zur Ausstellung:
"Neo – Zeichnungen 1965 bis 1968"
Sonderausstellung vom 24. Mai 2025 bis 3. Mai 2026
Ausstellungseröffnung:
24. Mai 2025, 16 Uhr: Gespräch zwischen Neo Rauch und Silvia Käther
Adresse:
Grafikstiftung Neo Rauch
Wilhelmstraße 21-23, 06449 Aschersleben
Öffnungszeiten:
März bis Oktober: Mittwoch bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr
November bis Februar: Mittwoch bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr
Eintritt:
6 Euro, ermäßigt 4 Euro
freier Eintritt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr
Redaktionelle Bearbeitung: vp, lk
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 23. Mai 2025 | 08:40 Uhr