Drogenkriminalität - Handel mit Kokain in Berlin weitet sich stark aus

Mi. 30.04.25 | 06:46 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Symbolbild: Ein Pressesprecher des Zolls präsentiert auf einem Medientermin einen kleinen Teil des sichergestellten Kokains. (Quelle: dpa/Brandt)
Audio: rbb24 Inforadio | 30.04.2025 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Brandt

Berliner Drogendealer verkaufen immer mehr Kokain - und immer weniger Cannabis. Das zeigen neue Zahlen der Polizei, die dem rbb vorliegen. Innenexperten der SPD bezeichnen den Zuwachs bei Kokain als "besorgniserregend". Von Sebastian Schöbel

Die Drogenkriminalität in Berlin konzentriert sich immer stärker auf Kokain, während der illegale Handel mit Cannabis mehr und mehr abebbt. Das zeigen aktuelle Zahlen in einer Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der SPD, die dem rbb exklusiv vorliegt.

Demnach erfasste die Berliner Polizei im vergangenen Jahr fast 2.500 Fälle von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Zusammenhang mit Kokain. Das ist im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme von gut zwanzig Prozent. Besonders der Handel mit Kokain in nicht geringer Menge ist in Berlin weiter gewachsen, um fast 80 Prozent.

BKA befürchtet "Kokain-Schwemme"

Damit scheint sich die Befürchtung von Holger Münch, dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes, zu bestätigen, wonach Deutschland eine "Kokain-Schwemme" drohe. Münch hatte vergangene Woche in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gewarnt, dass der Handel mit Kokain in Europa stark zunehme. Die Barmer-Krankenkasse gab an, dass immer mehr Menschen wegen ihres Kokainmissbrauchs in ärztlicher Behandlung seien: Allein in Berlin seien es 2023 über 7.200 Betroffene gewesen. Besonders stark betroffen seien Männer zwischen 20 und 39 Jahren.

Zahl der legalen Cannabis-Plantagen wächst

Die Zahl der festgestellten Verstöße im Zusammenhang mit Cannabis in Berlin ist derweil um mehr als die Hälfte zurückgegangen, von mehr als 7.200 Fällen im Jahr 2023 auf nur noch knapp 3.200 Fälle im vergangenen Jahr. Die Zahl der Fälle von illegalem Handel mit Cannabisprodukten ist um fast 60 Prozent zurückgegangen.

Damit zeigt die von der Ampel-Regierung beschlossene teilweise Legalisierung von Cannabis Wirkung: Seit April 2024 ist der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis in der Öffentlichkeit erlaubt, genauso wie der kontrollierte Anbau zum privaten Gebrauch in Anbau-Vereinigungen, allerdings mit Einschränkungen. Wegen Unklarheiten bei der Zuständigkeit verlief die Umsetzung in Berlin aber holprig: Der erste Berliner Cannabis-Anbau-Club wurde Ende 2024 noch vom Bezirk Marzahn-Hellersdorf zugelassen, danach übernahm das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das im Januar erstmals einen solchen Verein in Treptow-Köpenick genehmigte.

Inzwischen hat des Lageso weitere vier Clubs zugelassen, weitere 18 Anträge sind in Bearbeitung, wie eine Lageso-Sprecherin auf rbb-Nachfrage sagte.

Legalisierung hält Schwarzmarkt für Cannabis nicht auf

Die SPD-Innenexperten Sebastian Schlüsselburg und Martin Matz, die die parlamentarische Anfrage gestellt hatten, bezeichneten das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis als erfolgreiche Entlastung der Polizei. Diese können sich nun auf die gefährlicheren Bereiche der Drogenszene konzentrieren. "Der Zuwachs bei Kokain und Crack ist nämlich tatsächlich besorgniserregend", so Matz und Schlüsselburg. Gleichzeitig müsse die Prävention und das Drug-Checking verstärkt werden.

Seit der Teil-Legalisierung ist allerdings auch der Import von Cannabisprodukten für medizinische und wissenschaftliche Zwecke sprunghaft angestiegen. Die Menge stieg von 8,1 Tonnen im 1. Quartal des vergangenen Jahres auf 31,7 Tonnen im 4. Quartal, wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zuletzt mitteilte.

Auch die illegale Einfuhr von Cannabis wurde von der Legalisierung offenbar nicht zurückgedrängt: Anfang April entdeckte der Zoll am Flughafen Berlin-Brandenburg im Gepäck von zwei japanischen Reisenden insgesamt 68 Kilogramm Cannabis – der bislang größte Drogenfund am BER. Kurz darauf fanden die Zöllner noch einmal knapp 50 Kilogramm Cannabis im Koffer einer jungen Deutschen. Auffällig: In beiden Fällen waren die Täter aus Doha eingereist.

Im Kampf gegen Drogendealer konnte die Berliner Justiz im vergangenen Jahr Vermögenswerte in Höhe von rund 5 Millionen Euro beschlagnahmen. Es gingen mehr als 18.000 Verfahren wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz oder das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis ein. Die Gerichte fällten rund 640 Urteile, wobei mehr als 200 Freiheitsstrafen verhängt wurden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.04.2025, 6:20 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

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68 Kommentare

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  1. 68.

    Grundsicherung oder sonstige staatlichen Leistungen und nebenbei Drogen zuverticken, ist scheinbar lukrativer als eine Ausbildung zu machen und/oder Arbeiten zu gehen.

    Wer erwischt wird, darf ja im Land bleiben. Unsere gesetze sind einfach zu lasch für die Probleme in diesem Land.

    Ach ja, stimmt ja. Im Bundestag wurden auf den klos ja auch schon Reste von Koks nachgewiesen.

    Egal wen die Polizei fasst, außer ein auf die Finger hauen und die beschlagnahmumg, passiert ja selten irgendwas.

  2. 67.

    Wer Bier trinken will, muß auch erstmal Gerste und Hopfen auf gesicherten eingezäunten Gelände anbauen natürlich nur nach peniblen amtlichen Genehmigungsverfahren, um dann 10 Kästen Bier im Monat zugeteilt zu bekommen. Zuviel für jemand der gerne alle paar Wochen Party zu machen will oder ähnlichen "normalen" Umgang damit hat. Zuwenig um einen schwer Süchtigen zu genügen. Zuviel Aufwand ohne auf die realen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen zumal, wenn es einen einfachen Weg über bezahlbare alternative Beschaffungswege gibt. Das ist doch eine Todgeburt. Zurück auf Los.

  3. 66.

    Was fehlt, ist Empathie und Tiefgang. Kaum jemand schreibt „Was treibt einen Menschen dazu, sich etwas durch die Nase zu ziehen, obwohl er weiß, dass es ihn kaputt macht?“ „Was fehlt Menschen so sehr, dass sie sich betäuben müssen?“

    Solange unsere Gesellschaft Leistungsdruck, Ausgrenzung, Armut und emotionale Kälte produziert, wird es Drogen geben.
    Nicht, weil Menschen böse sind. Sondern, weil sie etwas kompensieren müssen: Scham, Schwäche, Einsamkeit, Überforderung, Ohnmacht.

    Und solange wir das nicht ehrlich ansprechen – über Sucht als Symptom einer kranken Gesellschaft –, werden Polizei, Politik und Verbote nur an den Symptomen herumdoktern.

  4. 65.

    Wie soll bitte der illegale Handel in einem Jahr gestoppt werden, wenn nicht gleichzeitig legaler Erwerb ermöglicht wird?
    Das zu suggerieren ist auf Boulevard-Niveau. Dass es aber in die richtige Richtung geht, stellt der Text doch selbst fest.

  5. 64.

    Ist doch cool wenn es auch im Sommer mal „schneit“ , die Leistungsgesellschaft fordert ihren Tribut, im Leistungssport wird ja schließlich auch gedopt und ich meine das nicht spassig, es soll den einen oder anderen zum nachdenken verleiten.

  6. 63.

    Macht doch was ihr wollt, nur, nur wenn Joints geraucht werden ist das genauso schädlich, wie Zigaretten. Im Gegensatz zu Heroin bleibt man nicht sofort tot liegen. Beim Tabak wie Cannabisrauchen und nur selten beim Alkohol. Die Langzeitfolgen werden aber ähnlich sein. Mich nerven falsche Behauptungen einfach.

  7. 62.

    seid der Cannabis legalisiert ist müssten doch Kapazitäten bei der Polizei frei geworden sein für die Kokstaxn

  8. 61.

    in Berlin gibt es bestimmt mehr Kokstaxis als Polizeiautos

  9. 60.
    Antwort auf [Koks findet man in den oberen Schichten der Gesellschaft. ] vom 30.04.2025 um 12:40

    Arbeiten sie als Putzfrau, oder woher wissen Sie das?

  10. 59.

    Besser vorher wischen, dann bleibt nichts für die Putzfrau übrig. ;-)

  11. 58.

    könnte mir vorstellen das Dealer auch Kids unter 18 Jahren Sachen verkaufen

  12. 57.

    Höhere Abhängigkeiten entstehen durch höhere Reinheitsgrade und nicht, weil die Droge gestreckt wird. Gestreckt wird die Droge, um mehr Profit zu erzielen und um das Zeug auch erstmal konsumieren zu können. Sie können nicht hochreines Kokain konsumieren, da brennt sofort die Nase durch. Sie können auch nicht 98%iges Ethanol trinken.

  13. 56.
    Antwort auf [Koks findet man in den oberen Schichten der Gesellschaft. ] vom 30.04.2025 um 12:40

    "Heute kokst selbst die Putzfrau."
    Echt? Muss ich unsere nachher mal fragen, wenn sie hier durchs Büro wischt. ;-)

  14. 55.

    Die Legalisierung aller Drogen kann ein wirksames Mittel sein, um den Schwarzmarkt auszutrocknen und den Jugendschutz zu stärken. Der illegale Drogenhandel floriert, weil der Staat keine Kontrolle über Produktion, Vertrieb und Qualität hat. Kriminelle Organisationen profitieren massiv und nutzen Gewalt, um ihre Interessen durchzusetzen. Durch Legalisierung könnte der Staat den Markt regulieren, Steuereinnahmen generieren und mit Qualitätskontrollen gefährliche Streckmittel verhindern. Zudem könnte der Verkauf streng alterskontrolliert erfolgen – im Gegensatz zum Schwarzmarkt, wo keine Altersgrenzen existieren. Jugendliche wären somit besser geschützt. Der Fokus würde sich von Strafverfolgung hin zur Aufklärung und Prävention verschieben. Konsumenten könnten offen Hilfe suchen, ohne kriminalisiert zu werden. Legalisierung schafft Transparenz, entzieht kriminellen Netzwerken die Grundlage und stärkt die öffentliche Gesundheit sowie den Jugendschutz nachhaltig. Legalisierung, jetzt!

  15. 54.

    Ich möchte daran erinnern, dass der bayrische Ministerpräsident jährlich das Oktoberfest des Alkoholismus als deutsche Kultur feiert und anpreist.

  16. 53.

    Warum denke den keiner an die Jugend? Sollen die weiterhin wie bisher ab 18 Jahren zum Drogendealer weil die Cannabis wollen aber es keine Fachgeschäfte dafür gibt. Der Schulhof oder Park Dealer wäre ein schlechter Geschäftsmann wenn nicht auch gleich Kokain und weiteres mit Angeboten wird

  17. 51.

    Weil sich besaufen deutsches Kulturgut ist.

  18. 49.

    betrinken ab 16 Jahren ist Deutsche Leitkultur und kann mit Erziehungsberechtigten ab 14 Jahren probiert werden unter Aufsicht. Wir haben uns als Kinder am Alkoholvorrat der Eltern heimlich bedient und meine Enkel essen kein Fleisch