Gräueltaten im Sudan "Das ist ein Krieg gegen Zivilisten"
Es herrscht Bürgerkrieg im Sudan, ein Machtkampf zwischen Regierung und Rebellen. Jetzt hat die Armee eine wichtige Stadt von der Miliz RSF zurückerobert. Von einer Befreiung ist die Rede. Doch es soll auch Racheakte geben.
Als die sudanesische Armee in den vergangenen Tagen die Stadt Wad Madani zurückerobert hat, zeigte das Fernsehen Bilder von feiernden Menschen. Ein Jahr lang hatte der Kriegsgegner, die hochgerüstete RSF-Miliz, die Stadt unter ihrer Kontrolle.
Ein junger Mann äußerte sich erleichtert: "Wir danken Gott dafür, dass die Armee die Sicherheit wiederhergestellt hat." Die Menschen würden wieder in ihre Häuser zurückkehren. "Denn jetzt herrscht Sicherheit in dieser Stadt."
Die Zeit der RSF-Herrschaft sei schrecklich gewesen, erzählte eine Frau: "Sie nahmen uns alles, was wir besaßen. Sie zerstörten die Häuser. Außerdem töteten sie jeden, bei dem sie nichts Wertvolles holen konnten." Die Kinder seien in den Häusern versteckt worden. Selbst seien sie nur rausgegangen, um etwas zu Essen zu suchen.
"Ziel ist es, wieder Khartum einzunehmen"
Wad Madani mit etwa 150.000 Einwohnern ist strategisch bedeutend. Die Stadt im Bundesstaat Jazira liegt etwa 150 Kilometer südwestlich von Khartum entfernt. Die Hauptstadt ist noch in den Händen der RSF.
Die politische Analystin Kholood Khair hat ihren Thinktank Jahre lang von Khartum aus geleitet, bevor sie wegen des Krieges ins Exil ging. Sie rechnet damit, dass ein erneuter Kampf um die Hauptstadt unmittelbar bevorsteht. Die Armee bereite sich darauf vor. "Jetzt investiert sie viel, um den Bundesstaat Jazira komplett zurückzuerobern: Zeit, Ressourcen, Waffen. Das Ziel ist es, wieder Khartum einzunehmen." Damit könnten sie durchaus erfolgreich sein.
Millionen Menschen sind geflohen
Ein Stellvertreter des Armeechefs hatte nach der Einnahme von Wad Madani schon deutlich gemacht, dass die Offensive längst nicht zu Ende sei. "Ja, dies ist ein großer Sieg. Aber wir werden nicht an diesem Punkt stehen bleiben. Wir schreiten schnell weiter voran und werden jeden Zentimeter des Landes von den Verrätern der RSF befreien."
Seit April 2023 bekämpfen sich Armee und RSF im Sudan auf brutalste Weise. Beide waren wichtige Stützen der Langzeitdiktatur von Omar al-Bashir. Nach dessen Sturz 2019 gab es Hoffnungen auf Demokratie in dem afrikanischen Land. Doch die wurden zunichtegemacht von den Militärs und den Milizen. Ihr Krieg hat Zehntausende Menschenleben gefordert, nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als elf Millionen Menschen vor den Kämpfen geflohen.
Miliz will weiterkämpfen
Und ein Ende ist nicht in Sicht. RSF-Anführer Hemedti tönte nach dem Kampf um Wad Madani: "Heute haben wir eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg. Am Anfang sagten sie, sie würden uns in vier Tagen besiegen. Nun kämpfen wir seit 21 Monaten und wir werden noch 21 Jahre lang weiterkämpfen, bis sich die Kräfteverhältnisse ändern werden."
Danach sieht es derzeit nicht aus. Aber der aktuelle Siegeszug der Armee ist für die Zivilbevölkerung auch keine gute Nachricht, sagt Analystin Khair: "Dies ist ein Krieg gegen Zivilisten. Armee und RSF kämpfen um Land, Geld und Macht." Aber sie richteten sich auch gegen Zivilisten. "Weder die Armee noch die RSF können die Sicherheit der Zivilbevölkerung garantieren. Beide halten sich nicht an humanitäres Völkerrecht."
Anfang Januar warf die US-Regierung der RSF-Miliz vor, dass sie im Sudan einen Völkermord verübe und verhängte Sanktionen gegen Hemedti und seine engsten Vertrauten. Aber auch die Armee und ihre Verbündeten verüben Gräueltaten. Das zeigen Bilder, die im Fernsehen nicht zu sehen waren, aber in sozialen Medien kursieren. Beobachter halten sie für authentisch. Zu sehen ist, wie Zivilisten brutal ermordet wurden. Vorgeworfen wurde ihnen die Zusammenarbeit mit der RSF-Miliz.