Schulmassaker-Lügen US-Verschwörungstheoretiker muss Millionen zahlen
Das Massaker an der Grundschule Sandy Hook bezeichnete Alex Jones als einen Schwindel - beileibe nicht die erste Verschwörungstheorie, die der rechtsextreme Radiomoderator verbreitet hat. Für seine Lügen rund um das Schulmassaker wird er nun haftbar gemacht.
Der US-Verschwörungstheoretiker Alex Jones muss den Eltern von einem der Todesopfer des Massakers an der Grundschule Sandy Hook mehr als vier Millionen Dollar Entschädigung zahlen. Dies ordnete eine Jury in Texas an.
Es ist das erste Mal, dass der Betreiber des rechtsextremen Online-Portals Infowars für die Verbreitung der Lüge haftbar gemacht wird, wonach das schlimmste Schulmassaker in der US-Geschichte eine Inszenierung gewesen sei.
Im Dezember 2012 stürmte ein 20-Jähriger die Sandy-Hook-Grundschule in Newtown im Staat Connecticut und erschoss 20 Kinder und sechs Lehrkräfte, ehe er sich selbst richtete. Bevor er in die Schule eindrang, hatte er auch seine Mutter getötet.
Weitere Strafzahlungen nicht ausgeschlossen
Die Familien einiger Opfer verklagten Jones und seine Unternehmen, darunter Infowars und Free Speech Systems, wegen Verleumdung und Verbreitung von Verschwörungstheorien, die dazu geführt hätten, dass sie Todesdrohungen erhalten hätten.
Im aktuellen Prozess ging es darum, wie viel Jones den Eltern des sechsjährigen Schülers Jesse Lewis zahlen muss, der bei dem Massaker getötet wurde. Sie hatten mindestens 150 Millionen Dollar (rund 146 Millionen Euro) verlangt. Nun wurde den Eltern zwar nur 4,11 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen, doch muss die Jury in Austin noch entscheiden, wie hoch der Strafschadenersatz ausfallen soll, den Jones ihnen zahlen muss.
Anwalt der Kläger: "Wir sind noch nicht fertig"
Vor dem Gerichtsgebäude betonte der Anwalt der Kläger, Mark Bankston, daher, dass die Entschädigung keine Enttäuschung sei. Denn am Ende werde der Verschwörungstheoretiker seinen Mandanten "weitaus mehr schulden", sagte Bankston, und: "Wir sind noch nicht fertig, Leute."
In einem Kreuzverhör durch Bankston hatte Jones im Prozess zugegeben, dass er in der Vergangenheit bereits Verschwörungsgeschichten in Bezug auf andere Tragödien verbreitete, etwa zu den Bombenanschlägen in Oklahoma City und beim Boston Marathon bis hin zu den tödlichen Schüssen in Las Vegas und Parkland in Florida.
Jones zeigt Reue
Jones hatte behauptet, dass das Schulmassaker in Newtown inszeniert worden sei, damit die Politik schärfere Waffenkontrollen durchsetzen könne. Die Klage der Eltern bezeichnete der 48-Jährige zwar als Angriff auf sein Verfassungsrecht auf freie Meinungsäußerung, räumte dann jedoch im Prozess ein, dass der Amoklauf "zu 100 Prozent" tatsächlich passiert sei. Seine Lügen seien falsch gewesen, es tue ihm leid.
Doch die Eltern des getöteten Jesse betonten am Dienstag vor der Jury, dass es mit Jones' Entschuldigung nicht getan sei. Seit zehn Jahren durchlitten sie ein Trauma, das zunächst durch den Tod ihres Sohnes ausgelöst worden sei, und dann durch das, was folgte: Schüsse auf ein Haus, Drohungen im Internet und am Telefon, Belästigungen durch Fremde auf der Straße. Jones und Infowars hätten ihnen mit ihren Falschbehauptungen das Leben zur Hölle gemacht.
Nicht der einzige Prozess gegen Jones
Dass den Eltern zunächst nur 4,11 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen wurde, bezeichnete Jones in einer Reaktion als "großen Sieg". Er habe zugegeben, dass er falsch gelegen habe, sagte er in einer Videobotschaft, die auf seiner Webseite gepostet wurde. Er habe sich bei den Familien entschuldigt, was die Jury verstanden habe. Zwar sei es "mehr Geld, als mein Unternehmen und ich persönlich haben", ergänzte er. Doch werde man sich um eine Erstattung bemühen.
Am heutigen Freitag tritt die Jury in Austin erneut zusammen. Dabei soll es auch um die Finanzen von Jones' Unternehmen gehen. Es ist nicht der einzige Prozess gegen den Verschwörungstheoretiker. Ein Gericht in Connecticut hatte Jones bereits wegen Verleumdung für schadenersatzpflichtig erklärt, dieses Klageverfahren hatten andere Opferfamilien und ein FBI-Agent angestrengt, der an den Ermittlungen zum Schulmassaker beteiligt war. Auf Jones kommt zudem ein weiterer Prozess in Austin zu.