Kinder in Kolumbien gerettet "Ein wahres Wunder"
Über einen Monat nach dem Absturz eines Kleinflugzeugs im kolumbianischen Regenwald sind vier überlebende Kinder aus dem Dschungel gerettet worden. Ein Rettungshund habe die Helfer zu den Geschwistern geführt, sagte Präsident Petro.
"Lesly, ich bin dein Großmütterchen, und ich möchte dich bitten: Bleibt, wo ihr seid, denn man sucht nach euch, die Soldaten suchen nach euch!" Immer und immer wieder wurde diese Nachricht der Großmutter Fatima Valencia der vier vermissten Kinder über dem Dschungel abgespielt, per Hubschrauber, mit dem Lautsprecher und in der indigenen Muttersprache der vier Geschwister.
Dazu wurde mit Spürhunden und Satellitenbildern gesucht. Mehr als 160 Einsatzkräfte und Helfer aus indigenen Gemeinden durchkämmten die unwegsame Amazonas-Region. Nach 40 Tagen verzweifelter Suche, Hoffen und Bangen dann die Nachricht, die niemand mehr zu glauben wagte: "Wir möchten das Glück über dieses wahre Wunder mit dem kolumbianischen Volk teilen: die Rettung der vier Minderjährigen, alle lebend, dank einer unermüdlichen und beharrlichen Suchaktion", sagte Verteidigungsminister Iván Velsaquez.
Zur Bestätigung gab es ein Foto: Darauf zu sehen sind Soldaten mit drei abgemagerten Kindern und einem Baby auf dem Arm - es ist gerade einmal ein Jahr alt, die Älteste der vier Kinder, Lesly, ist 13.
Erwachsene Insassen überlebten den Absturz nicht
Dass die vier überlebt haben, ist ein absolutes Wunder. Am 1. Mai waren sie, gemeinsam mit ihrer Mutter, dem Piloten und einem Gemeindevorsteher mit einem Propellerflugzeug vom Typ Cessna 206 über dem dichten Amazonas-Regenwald abgestürzt - die drei erwachsenen Insassen überlebten das Unglück nicht. Anders die Kinder, die sich allein in den unwegsamen Dschungel aufmachten.
"Beispiel des Überlebens wird in die Geschichte eingehen"
"Sie waren allein, aber sie haben ein Beispiel des Überlebens gesetzt, das in die Geschichte eingehen wird. So sind diese Kinder heute die Kinder des Friedens, die Kinder Kolumbiens", erklärte Präsident Gustavo Petro. Er war am selben Tag von Friedensverhandlungen aus Kuba zurückgekehrt. Dort konnte er einen Waffenstillstand mit der linken Guerillaorganisation ELN bekanntgeben. "Die Zusammenarbeit der Streitkräfte mit den Indigenen, die den Dschungel natürlich sehr viel besser kennen als wir, war sehr effektiv. Und zeigt, was wir als Land leisten können, wenn wir Allianzen schmieden."
Die Kinder gehören zum indigenen Volk der Witoto. Sie sind in der Amazonas-Region aufgewachsen, ihre Kenntnis des Waldes hat ihnen sicherlich geholfen, zu überleben. Der Suchtrupp, bestehend aus rund 160 Soldaten sowie indigenen Helfern, fand eine aus Blättern und Ästen gebaute Notunterkunft sowie halbverzehrte Früchte. Doch das Vorankommen in der unwegsamen Region war schwer, der Dschungel ist sehr dicht. Zudem regnet es praktisch ununterbrochen.
Vater der Kinder wollte die Familie in Sicherheit bringen
Außerdem sind in dem Gebiet neben wilden Tieren wie Schlangen und Jaguaren auch kriminelle Banden aktiv, die mit Drogenkartellen zusammenarbeiten. Denn nach wie vor herrscht in Kolumbien in vielen Gebieten Gewalt - auch sechs Jahre nach dem Friedensabkommen mit der größten Guerilla des Landes, der FARC.
So saßen die Kinder Medienberichten zufolge überhaupt nur in dem Flugzeug, weil der Vater die Familie in die Hauptstadt Bogota und damit in Sicherheit bringen wollte. Denn er selbst hatte immer wieder Drohungen von sogenannte FARC-Dissidenten erhalten, einer Splittergruppe der Guerilla, die ihre Waffen nie abgegeben hat. Vor allem Indigene, soziale Aktivisten und Umweltschützer geraten immer wieder in das Visier der kriminellen Banden.