Zwei Frauen zur Wahl Die erste Präsidentin Mexikos?
Mexiko wird wohl in rund einem Jahr seine erste Präsidentin wählen. Das Oppositionsbündnis ernannte bereits seine Kandidatin. Nun schickte auch die regierende Morena-Partei eine Frau ins Rennen.
Noch vor Kurzem hätte das sicher niemand für möglich gehalten: Mexiko wird nach den Wahlen in rund einem Jahr voraussichtlich zum ersten Mal von einer Frau regiert werden. Heute hat die regierende Morena-Partei Claudia Sheinbaum, die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt, zur offiziellen Präsidentschaftskandidatin gekürt.
Mit 39 Prozent der Stimmen setzte sie sich gegen fünf Herausforderer durch, darunter auch den ehemaligen Außenminister Marcelo Ebrard. Er hatte Unregelmäßigkeiten beim Wahlverfahren angeprangert, konnte sich damit aber nicht durchsetzen.
Konkurrentin Gálvez gewinnt an Popularität
Sheinbaum tritt gegen die 60-jährige Computeringenieurin und Unternehmerin Xochitl Gálvez an. Sie wurde vom breiten Bündnis der drei stärksten Oppositionsparteien "Frente Amplio" ins Rennen um das Präsidentschaftsamt geschickt. Gálvez hatte ihre Kampagne im Juni begonnen, nachdem der mexikanische Präsident López Obrador sie auf einer Pressekonferenz verbal attackiert hatte. Bis dahin war die Senatorin der konservativen Partei PAN relativ unbekannt. In den letzten Wochen gewann sie enorm an Popularität.
Die mexikanische Senatorin Xochitl Gálvez begrüßt ihre Anhänger bei ihrer Ankunft auf einer Kundgebung in Mexiko-Stadt.
Es sei unerhört, dass die Anzahl der Menschen gestiegen ist, die unter extremer Armut leiden. Es sei unerhört, dass der Präsident nicht mit den Müttern spricht, die nach ihren verschwundenen Kindern suchen. Auch die Gewalt im Land, gegen die der mexikanische Präsident nichts unternehme, prangerte Gálvez im Interview vor mexikanischen Journalisten an.
Sheinbaum: Blass, unnahbar und gehemmt
Die Morena-Kandidatin Sheinbaum gilt als Zögling von AMLO, wie der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador kurz genannt wird. Die Physikerin verkörpert seine Politik. Sie sei lediglich eine Marionette, sagen Kritiker. Bei öffentlichen Auftritten wirkt sie eher blass und unnahbar. Selbst bei ihrer Ernennung wirkte sie gehemmt. Die Nähe zur Bevölkerung, wie sie AMLO pflegt, wird sie kaum aufrechterhalten können. Auch im fünften Jahr nach seiner Wahl kann er mit Zustimmungswerten von rund 60 Prozent rechnen. Er selbst kann laut Verfassung allerdings nicht ein zweites Mal antreten.
"Es ist Zeit für Veränderungen. Es ist die Zeit der Frauen", rief Sheinbaum am Ende ihrer Wahlveranstaltung vor ein paar Wochen dem Publikum zu. Bislang setzte die ehemalige Bürgermeisterin von Mexiko-Stadt sich allerdings kaum für die Belange von Frauen ein. Und das in einem Land, das vom Machismus geprägt ist, in dem es durchschnittlich elf Femizide am Tag gibt - also Morde an Frauen, weil sie Frauen sind. Die Aufklärungsrate geht gen Null.
Ob die zukünftige Präsidentin in ihrer konkreten Politik etwas verändern wird, bleibt abzuwarten. Doch eine Frau an der Spitze - ob Sheinbaum oder Gálvez - mag ein erster Schritt für ein Umdenken im Land sein.