Protest von UN und EU US-Häftling mit Stickstoff hingerichtet
Bis zuletzt wollten Menschenrechtsexperten die Hinrichtung stoppen. Doch ohne Erfolg. Erstmals wurde in den USA ein zum Tode verurteilter Häftling mit Stickstoff getötet. UN und EU kritisieren die Methode scharf.
In den USA ist erstmals ein zum Tode verurteilter Mensch mittels einer neuen Stickstoff-Methode hingerichtet worden. Der 58 Jahre alte Kenneth Eugene Smith starb in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Alabama unter Anwendung sogenannter Stickstoffhypoxie, wie Alabamas Justizminister Steve Marshall mitteilte.
Bei einer solchen Hinrichtung bekommt eine Person über eine Gesichtsmaske Stickstoff zugeführt - die Folge ist der Tod durch Sauerstoffmangel.
Eine Reporterin des Regionalsenders WHNT berichtete, mit dem Start der Stickstoffzufuhr habe Smith begonnen, sich zu winden und zu zittern. Mehrere Minuten lang habe er schwer geatmet, bevor schließlich keine Atemzüge mehr zu beobachten gewesen seien. Ein Vertreter der Strafvollzugsbehörde sagte, Smith habe zum Teil gezuckt und abnormal geatmet. Aber das sei erwartet worden und entspreche dem Forschungsstand zu Stickstoffhypoxie.
Menschenrechtsexperten hatten zuvor beklagt, die Methode sei nicht getestet worden. Smith könnte so einen grausamen Tod sterben. Dass die Inhalation von reinem Stickstoff keine schwerwiegenden Leiden verursacht, halten Experten der Vereinten Nationen für nicht wissenschaftlich bewiesen.
"Grausam, unmenschlich, erniedrigend"
Der Menschenrechtskommissar der Vereinten Nationen, Volker Türk, sagte, die neuartige und unerprobte Methode des Erstickens durch Stickstoffgas könne womöglich "Folter oder einer grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichkommen". Ähnlich äußerte sich die Europäische Union. Ein EU-Sprecher sagte, nach Einschätzung von Experten handele es sich um eine "besonders grausame" Methode.
Erfolglos interveniert
Smiths Anwälte hatten bis zuletzt versucht, die Hinrichtung zu stoppen. Doch weder die zuständigen Gerichte in Alabama noch der Oberste US-Gerichtshof waren ihren Gesuchen gefolgt. Demonstranten hatten in den vergangenen Tagen auch die Gouverneurin von Alabama, aufgefordert, zu intervenieren. Doch auch dazu kam es nicht.
Smith war 1996 zum Tode verurteilt worden - wegen der Beteiligung an einem Auftragsmord acht Jahre zuvor. Bereits 2022 sollte Smith eigentlich mit der Giftspritze hingerichtet werden. Dem Gefängnispersonal gelang es damals aber nicht, die dafür nötige Kanüle in seinen Arm zu legen: Nach mehreren Stunden, in denen er angeschnallt auf dem Exekutionstisch lag, wurde er wieder in seine Zelle gebracht. Weder den gescheiterten Versuch von 2022 noch die Bedenken mit Blick auf die neue Methode werteten Gerichte jedoch als ausreichend, um nun die Stickstoff-Hinrichtung zu stoppen.
Gericht wies Vorbehalte zurück
Smiths Anwälte bemängelten in ihrem Gesuch unter anderem, dass an dem Protokoll für den Ablauf der Hinrichtung noch wenige Tage vor dem Termin Änderungen vorgenommen worden seien. Die Anwälte werteten dies als weiteren Beweis für die vielen Unklarheiten bei einer Hinrichtung mit Stickstoff. Das Berufungsgericht in Alabama wies die Vorbehalte am Mittwoch jedoch zurück. Smith könne nicht belegen, dass die Hinrichtung eine "grausame und ungewöhnliche" Bestrafung darstelle, hieß es in der Entscheidung.
Auch der Supreme Court lehnte einen ähnlichen Antrag ab, nannte allerdings keine Begründung dafür. Erfolglos blieb auch ein weiterer letzter Eilantrag vor dem Obersten Gerichtshof, über den erst unmittelbar vor der Exekution entschieden wurde.
Erste Hinrichtung in diesem Jahr
Bei seiner Verurteilung 1996 hatten die Geschworenen eigentlich eine lebenslange Haftstrafe für Smith vorgesehen. Der zuständige Richter setzte sich damals aber über diese Empfehlung hinweg und verfügte die Todesstrafe. Das Gesetz, das dies ermöglichte, schaffte Alabama als letzter US-Bundesstaat 2017 ab. Smiths Hinrichtung ist in den USA die erste überhaupt in diesem Jahr.