Schlussplädoyers im Trump-Prozess Jetzt ist die Jury am Zug
Im Prozess um verschleierte Schweigegelder gegen Ex-US-Präsident Trump hat die Jury die Schlussplädoyers gehört. Schon heute beginnen die Beratungen - und eine Entscheidung könnte sehr bald fallen.
Am Ende will Richter Juan Merchan es um jeden Preis durchpeitschen. Der Tag der Plädoyers - er will nicht aufhören. Seit fast sechs Stunden redet Staatsanwalt Joshua Steinglass schon - als fürchte er, den Gesprächsfaden aus der Hand zu geben, der die Jury an sich binden soll.
Immer wieder vergewissert sich der Richter, ob die zwölf Geschworenen noch fit genug sind. Mit glasigen Augen nicken sie. Einige mehrere zappeln, neigen den Kopf und schauen sich um - Anzeichen dafür, dass sie an ihre Grenzen stoßen.
Das scheint auch Donald Trump. "LANGWEILIG" tippt er in einer kurzen Pause auf seiner Plattform Truth Social. Aber die ehemalige stellvertretende Staatsanwältin, Bonny Sard, die den Prozess fürs Fernsehen beobachtet, drückt es anders aus: "Es gab heute nicht viele Überraschungen bei den Schlussplädoyers."
Trumps Verteidiger greifen erneut Kronzeuge Cohen an
Sie begannen - nach New Yorker Gesetz - zunächst mit der Verteidigung. Die beteuert Trumps Unschuld. Der Ex-Präsident habe kein Verbrechen begangen, und die Staatsanwaltschaft habe ihre Vorwürfe nicht belegen können.
Trumps Anwalt Todd Blanche fordert dessen Freispruch. Er greift die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen an: Trumps heutiger Gegner Michael Cohen. Der ehemalige persönliche Anwalt von Trump habe wie so oft auch diesmal bei seiner Zeugenaussage gelogen, beharrt Verteidiger Blanche.
Und wie zu erwarten erklärte er der Jury, dass er nicht glauben kann, was Cohen in einem Verfahren dieser Größe von sich gibt - und er zählt dessen angebliche Lügen auf, die er vor dem und im Gerichtssaal von sich gegeben haben soll.
Vorwurf der Fälschung von Geschäftsunterlagen
Die Anklage hingegen sieht Trump als den eigentlichen Lügner. Staatsanwalt Joshua Steinglass wirft dem Ex-Präsidenten im Kern "Verschwörung und Vertuschung" vor.
Trump und seine Verbündeten hätten sich zusammengetan, um potenziell kompromittierende Geschichten im Wahlkampf 2016 durch Zahlungen von Schweigegeld zu unterdrücken. Dazu gehört vor allem die angebliche Affäre mit Ex-Pornostar Stormy Daniels. Sie hatte mit der Veröffentlichung gedroht. Die Staatsanwaltschaft wirft Trump vor, Geschäftsunterlagen gefälscht zu haben, um diese Schweigegeldzahlung von 130.000 Dollar zu verschleiern.
Bidens Wahlkampfteam schickt Schauspieler de Niro zum Gericht
Es sei ein dunkler Tag für Amerika, hatte Trump vor dem Eintreten in den Gerichtssaal zum wiederholten Mal erklärt. Von Anfang an hatte er diesen Prozess für seinen Wahlkampf genutzt. Der demokratische Präsident Biden tat das zum ersten Mal auf seine Art. Sein Wahlkampfteam schickte Schauspieler Robert de Niro zum Gericht. Der warnt die Amerikaner, Trump noch einmal zu wählen.
Der voraussichtliche erneute republikanische Präsidentschaftskandidat sei ein "Clown" und ein "Tyrann".
Jury berät ab heutigem Mittwoch
Drinnen verstärken drei von Trumps Kindern ihren Vater. Und Eric Trump ätzt in einer Pause: "Ich möchte mich bei den Geschworenen entschuldigen, die dort sitzen. Dies war die größte kolossale Zeitverschwendung."
Nun sind die zwölf Geschworenen am Zug. Sie werden sich ab Mittwoch zurückziehen, um ein einstimmiges Urteil zu fällen. Normalerweise dauern diese Beratungen zwischen Stunden und Tagen. Lautet der Spruch "schuldig", wird Richter Juan Merchan das Strafmaß festlegen. Im härtesten Fall heißt es: Gefängnis für Trump.
Sollten die Geschworenen sich jedoch nicht einigen können, wäre der Prozess geplatzt. Die Meisten denken: das würde die Jury vor den Augen der Welt nicht wollen. Doch dass Trump hinter Gitter gehen könnte, glauben nicht viele - auch nicht ein Schaulustiger, Jack Haber: "Ich glaube, er wird schuldig gesprochen. Aber ich glaube nicht, dass er dafür ins Gefängnis kommt. Er wird weitermachen, wird noch mehr Berühmtheit bekommen und noch mehr Wähler."
Trump nutze diesen Prozess als Show. Und die Staatsanwaltschaft im Prinzip auch. Es gehe doch am Ende um Entertainment.