Anti-Korruptionsgesetz Ausschreitungen in Rumänien
In Rumänien sind erneut Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze zu protestieren. Als Konsequenz hat Rumäniens Handelsminister den Rücktritt erklärt - aus Gewissensgründen.
Die Lockerung der Anti-Korruptions-Gesetze hat offenbar zu den größten Massenprotesten in Rumänien seit dem Fall des Kommunismus in dem osteuropäischen Land geführt. Am Mittwochabend gingen nach Medienberichten landesweit bis zu 300.000 Menschen auf die Straßen. Allein in der Hauptstadt Bukarest protestierten trotz eisiger Temperaturen mindestens 100.000 Menschen. Nach Angaben der Nachrichtenwebsite "HotNews" war es die größte Demonstration in Bukarest seit 25 Jahren.
Minister Jianu tritt zurück
Aus Protest gegen die Lockerung der Anti-Korruptionsgesetze hat der rumänische Handelsminister Florin Jianu seinen Rückzug aus dem Kabinett erklärt. Sein Gewissen erfordere diesen Schritt, sagte er. Jianu hoffe, dass die Regierung "den Anstand hat, ihren Fehler zu korrigieren", schrieb er auf seiner Facebook-Seite.
Proteste seit Dienstag
Auch in den Städten Cluj, Timisoara und Sibiu machten tausende Demonstranten ihrem Ärger Luft. In Timisoara, wo rund 10.000 Menschen auf die Straßen gingen, hatte 1989 die Revolution ihren Anfang genommen. Bereits am Dienstag war es in mehreren Städten zu Protestkundgebungen gekommen.
Allein in der Hauptstadt Bukarest sollen sich bis zu 100.000 Menschen versammelt haben.
In Bukarest kam es zu vereinzelten Zusammenstößen mit der Polizei. Demonstranten warfen mit Flaschen und Feuerwerkskörpern. Offenbar handelte es sich dabei um Hooligans und aggressive Sportfans. Oppositionsmedien kommentierten, dass der Auftritt der Krawallmacher eine gezielte Provokation regierungsnaher Kreise sei, um weitere Straßenproteste zu verhindern und den gesamten Protest zu diskreditieren. Polizisten setzten Tränengas ein. Es gab mehrere Leichtverletzte.
Korrupte Politiker profitieren
Die sozialdemokratische Regierung hatte am Dienstagabend per Dekret mehrere Vergehen für straffrei erklärt. Demnach wird Amtsmissbrauch nur dann strafrechtlich verfolgt werden können, wenn der dadurch entstandene Schaden mindestens 200.000 Lei beträgt - das sind knapp 44.000 Euro. Darüber hinaus legte die Regierung dem Parlament ein Gesetzesvorhaben zur Amnestie von Straftätern vor, die zu weniger als fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurden. Von der Haftentlassung würden rund 2500 Häftlinge profitieren - unter ihnen mehrere Politiker, die wegen Korruption in Haft sitzen. Angesichts des öffentlichen Widerstands verzichtete die Regierung aber darauf, auch die Amnestie per Dekret zu beschließen.
Demonstranten griffen die Polizei an und legten vereinzelte Feuer.
Kritik aus Brüssel
Die EU-Kommission kritisierte die von Rumänien per Eilverordnung beschlossene Lockerung der Anti-Korruptions-Gesetze ungewöhnlich scharf. "Der Kampf gegen Korruption muss vorangebracht, nicht rückgängig gemacht werden", erklärten Kommissionschef Jean-Claude Juncker und sein Vize Frans Timmermans. Man verfolge die jüngsten Entwicklungen "mit großer Sorge".
Auch Rumäniens Präsident Klaus Iohannis hatte sich gegen die Pläne der Regierung ausgesprochen. Der Staatschef, der mit dem Versprechen angetreten war, das ärmste EU-Land während seiner fünfjährigen Amtszeit von Korruption zu befreien, sprach am Mittwoch von einem "Skandal". Kritik kam auch vom Generalstaatsanwalt, dem Obersten Gericht und der Anti-Korruptions-Behörde. Die neue sozialdemokratische Regierung unter Sorin Grindeanu ist erst seit weniger als einem Monat im Amt.