Kritik von Hilfsorganisation Amnesty: Türkei schiebt Afghanen ab
Die Türkei hat offenbar etwa 30 Afghanen in ihre Heimat abgeschoben. Die Betroffenen hätten keinen Zugang zu einem "fairen Asylverfahren" erhalten, kritisiert Amnesty. Für die Organisation ist das ein Beispiel für das, was Flüchtlingen nach dem EU-Türkei-Abkommen häufiger drohen könnte.
Die Türkei hat nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International kurz nach Unterzeichnung des Flüchtlingsabkommens mit der EU "widerrechtlich etwa 30 afghanische Flüchtlinge in ihr Herkunftsland abgeschoben". Offenbar verfügt die Menschenrechtsorganisation über Informationen, wonach den schutzsuchenden Männern, Frauen und Kindern ein "faires Asylverfahren" verweigert wurde.
In Afghanistan müssten sie wegen der islamistischen Taliban um ihr Leben fürchten. Amnesty wirft den türkischen Behörden vor, mit der Abschiebung gegen europäische Bestimmungen und das Völkerrecht verstoßen zu haben. Der Vorgang sei der "jüngste Beweis für die Gefahren, die mit der Rückführung von Asylsuchenden in die Türkei einhergehen", sagte John Dalhuisen von Amnesty International.
Abschiebung nach Kabul
Nur einige Stunden, nachdem die Regierungschefs der EU und der Türkei das Abkommen in Brüssel unterschrieben hatten, erhielt Amnesty demnach Anrufe eines Betroffenen. Dieser berichtete, dass er zusammen mit etwa 30 weiteren afghanischen Asylsuchenden nach Kabul abgeschoben werde. Ihre Anträge, zum Asylverfahren in der Türkei zugelassen zu werden, seien zuvor zuvor abgelehnt worden. Die Gruppe habe versucht, auf dem Seeweg nach Griechenland zu gelangen. Die türkische Küstenwache habe die Menschen aufgegriffen, später seien sie in der Küstenstadt Izmir im Westen der Türkei inhaftiert worden.
Der Betroffene berichtete, nach fünf Tagen in Haft habe er unter Zwang seinen Daumenabdruck unter ein Dokument mit dem Inhalt gesetzt, dass er seiner "freiwilligen Rückkehr" nach Afghanistan zustimmte. Eine Kopie habe er nicht erhalten. Der Flug von Ankara nach Kabul startete den Angaben zufolge am Samstag um 01.30 Uhr. Die Reisedokumente stellten demnach afghanische Behörden in der Türkei aus, als Grund für die Abschiebung wurde "unerlaubte Einreise" in die Türkei angeführt.
Folgen des Abkommens mit der Türkei
Das Abkommen zwischen der EU und der Türkei wurde am vergangenen Freitag unterzeichnet, am Sonntag trat es in Kraft. "Die Tinte der Unterschriften unter dem EU-Türkei-Deal war noch nicht ganz getrocknet, als mehrere Dutzend afghanische Asylsuchende gezwungen wurden, in ein Land zurückzukehren, in dem sie sich in Lebensgefahr befinden könnten", erklärte Dalhuisen. Das sei der jüngste Beweis für die Folgen, "die das Abkommen wahrscheinlich für Geflüchtete haben wird, die durch die Türkei reisen". Die Abschiebungen verstießen gegen europäische Bestimmungen und das Völkerrecht.
Das EU-Türkei-Abkommen sieht die Rückführung aller Migranten vor, die illegal aus der Türkei über das Meer auf die griechischen Ägäis-Inseln kommen.
Behörden verweisen auf freiwillige Rückkehr
Die türkischen Generaldirektion für Migrationsverwaltung bestätigte Amnesty die Ausweisung von 27 afghanischen Staatsangehörigen. Sie verwies zugleich darauf, dass alle Betroffenen freiwillig zurückgekehrt seien und niemand einen Asylantrag für die Türkei gestellt habe.