Multiresistente Bakterien Im Kampf gegen die Superkeime
Bis 2050 könnten laut OECD rund 2,4 Millionen Menschen durch Bakterien sterben, gegen die kein Antibiotikum mehr wirkt. Das Umweltbundesamt will heute der EU empfehlen, was dagegen getan werden sollte.
Das Umweltbundesamt fordert die EU-Mitgliedstaaten auf, den Kampf gegen Antibiotika in der Umwelt zu verstärken. Die Behörde stellte in Brüssel ein neues Gutachten mit mehrere konkreten Handlungsempfehlungen vor. "Die Verbreitung von antibiotikaresistenten Keimen ist ein weltweit zunehmendes Problem", sagte Jutta Klasen vom Umweltbundesamt.
Sie kritisierte, dass der bisherige Aktionsplan der EU gegen diese Erreger die Rolle der Umwelt nicht ausreichend berücksichtige. Dabei würden Boden und Wasser bei dem Problem eine wichtige Rolle spielen. "Wir müssen diese Risiken richtig identifizieren und minimieren."
Kläranlagen mit Keimen überfordert
In einem neuen wissenschaftlichen Gutachten beschreibt das Umweltbundesamt das Problem. Demnach gelangen sowohl Antibiotikawirkstoffe, also die Medikamente selbst, als auch resistente Keime in die Umwelt. Ein Ursache ist, dass die Kläranlagen in Deutschland derzeit nicht dafür ausgerüstet sind, die Arzneimittel und Keime komplett herauszufiltern.
Laut der Behörde ist jedoch die Ausbreitung über Dünger am problematischsten. So gelangen Reste der in der Tierhaltung eingesetzten Medikamente und resistente Bakterien auf Äcker. Von dort können sie sich vermehren, ausbreiten und zu Menschen gelangen, etwa über Lebensmittel oder Badegewässer.
Das Umweltbundesamt fordert deshalb eine Reihe konkreter Maßnahmen: unter anderem ein vollständiges Verbot der Verwendung von unbehandeltem Klärschlamm als Düngemittel, die Einführung besserer Abwasserbehandlungsanlagen in größeren Städten sowie eine umfassende und systematische Überwachung der Resistenzen in der Umwelt.
OECD befürchtet 2,4 Millionen Tote
Wie dramatisch die Situation werden könnte, wenn nichts getan wird, zeigen neue Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Sie hat berechnet, dass in Europa, Nordamerika und Australien bis 2050 rund 2,4 Millionen Menschen durch multiresistente Bakterien sterben, sollten keine Gegenmaßnahmen getroffen werden.
"Die Resistenz wird weiter zunehmen, wenn wir nicht einschreiten", heißt es im OECD-Bericht. Anlass zur Sorge gebe es vor allem, weil selbst Reserveantibiotika als letzte Behandlungsoption teils nicht mehr wirken.
Den Trend bestätigt auch eine Studie des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), die am Dienstag im Lancet-Magazin erschienen ist. Demnach hat sich die Zahl der Infektionen mit resistenten Keimen in der EU von 2007 bis 2015 fast verdoppelt. Laut der Studie starben 2015 etwa 33.000 Menschen an resistenten Keimen - 8000 mehr als 2007.