Geopolitik Wie stark ist Chinas Militär?
China hat die zahlenmäßig größte Marine der Welt und investiert Milliarden in seine Streitkräfte. Wie stark ist die Volksrepublik militärisch - und von wem sieht sie sich bedroht?
China stellt seine Streitkräfte gerne im Staatsfernsehen zur Schau: Bei einer Militärübung im Südchinesischen Meer bellen Soldaten der Volksbefreiungsarmee auf einer modernen Fregatte Befehle und feuern Geschütze ab. Aber trotz solcher Bilder ist Chinas Militärapparat wenig transparent - auch für ausländische Militär-Experten wie Zeno Leoni vom King's College in London. "China bleibt ein Rätsel - es hat zugleich Merkmale einer starken und einer schwachen Macht", sagt er.
Zu Chinas militärischen Stärken gehört die Marine - mit über 350 Kriegsschiffen und U-Booten ist sie die größte der Welt, heißt es im jüngsten Bericht des US-Pentagon. Dem Heer gehören knapp eine Million kampfbereite Soldaten an. Die Luftwaffe mit 2250 Kampfjets steht weltweit auf Platz 3. Bei der Entwicklung neuer Überschallwaffen hat China sogar die Nase vorn, sagen Experten. Aber: Chinas Streitkräfte haben fast keine Kampferfahrung.
Hilfe aus Russland
"Sie haben jahrzehntelang keinen Krieg geführt - der letzte war gegen Vietnam 1979 - und das war noch vor der Modernisierung der Streitkräfte", sagt Militärexperte Leoni. "Außerdem hinkt China bei einigen Technologien noch hinterher - etwa bei Flugzeugen. Da braucht China Hilfe aus Russland."
Aber China hat mächtig aufgeholt in den vergangenen Jahrzehnten. Die USA geben immer noch drei Mal so viel für ihr Militär aus wie China, aber die Volksrepublik steht seit langem bei den Militärausgaben weltweit auf Platz zwei und will langfristig mit den USA technologisch gleichziehen oder sie sogar überholen.
Wo China hin will, hat Staats- und Parteichef Xi Jinping vor fünf Jahren so formuliert: Bis 2035 solle die Modernisierung des Militärs umgesetzt sein. Bis zur Mitte des Jahrhunderts werde China eine Weltklasse-Armee aufgebaut haben.
Selbstbewusste Macht-Projektionen
Denn längst hat China globale Interessen und will diese verteidigen und nach eigenen Regeln agieren können. Zur chinesischen Bedrohungsanalyse gehört auch die Überzeugung, dass Länder wie die USA die Volksrepublik kleinhalten wollten. Dem will China etwas entgegensetzen, verhalte sich dabei aber zurückhaltender als etwa Russland, sagt Leoni: "Letztendlich aber muss China seine Handelsrouten absichern" - und das Militär spiele dabei eine wichtig Rolle; es gehe auch darum, respektiert zu werden.
Anders als die USA wiederum versteht sich China bislang nicht als globale Militärmacht. Die Volksrepublik hat nur einen einzigen Militärstützpunkt in Übersee, nämlich im ostafrikanischen Dschibuti. In der eigenen Region, im asiatisch-pazifischen Raum, ist China allerdings sehr ambitioniert - will dort auch militärisch die Nummer eins werden. Ein dritter chinesischer Flugzeugträger soll demnächst vom Stapel laufen und Chinas Stärke demonstrieren.
Selbstbewusste und teils riskante Macht-Projektionen mit Kriegsschiffen und Kampfjets im Süd- und Ostchinesischen Meer gehören längst zum Alltag - und verstören die Nachbarstaaten, die sich zunehmend von Peking bedroht fühlen. Noch habe China nicht die militärische Stärke, die traditionelle Ordnungsmacht, die USA, aus der Region zu verdrängen, sagen Experten. In zehn oder 20 Jahren aber könnte das anders aussehen.