Chinas Staatschef in Saudi-Arabien Ein Treffen mit Symbolkraft
Beim Staatsbesuch des chinesischen Regierungschefs Xi in Saudi-Arabien geht es nicht nur um Öl. Es geht vor allem auch um ein Signal an die USA, dass sich geopolitisch neue Partner gefunden haben.
Sie gilt als die bislang größte diplomatische Offensive Chinas im Nahen Osten: Die dreitägige Reise des chinesischen Staatschefs Xi Jinping nach Saudi-Arabien. Das chinesische Außenministerium bezeichnete den Besuch als "epochalen Meilenstein in der Geschichte der Entwicklung der chinesisch-arabischen Beziehungen".
Schon der Empfang des chinesischen Staatchefs in Riad war entsprechend pompös: Auf einem großen lila Teppich wurde er am Flughafen vom saudischen Außenminister begrüßt, saudische Kampfflieger malten die chinesischen Farben Rot und Gelb in den Himmel.
Xi traf sich zu Gesprächen mit dem saudischen König Salman und dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman - und es wurde schnell konkret: Kooperationsabkommen wurden unterzeichnet, und saudische und chinesische Firmen einigten sich am Rande des Besuchs auf 34 Investitionsabkommen - in den Bereichen erneuerbare Energien, IT, Transport, Bau und Logistik. Insgesamt werden Verträge im Wert von rund 30 Milliarden US-Dollar erwartet.
Einer der wichtigsten Öllieferanten Chinas
China und Saudi-Arabien verbindet vor allem eines: große Wirtschaftsinteressen. "Die Reise ist Teil einer Charmeoffensive von Xi Jinping", sagte der Politikwissenschaftler John Calabrese von der American University in Washington D.C. Die Golfregion sei sehr wichtig für Chinas Energiesicherheit. "Die Top-Priorität der Reise liegt klar beim Öl." Die Volksrepublik ist der größte Energieverbraucher der Welt und ein wichtiger Handelspartner für Riad - Öl im Wert von rund 50 Milliarden US-Dollar hat Saudi-Arabien im vergangenen Jahr nach China exportiert, für Peking ist Riad damit einer der wichtigsten Öllieferanten.
Der dreitägige Besuch von Xi in Saudi-Arabien umfasst auch zwei Gipfeltreffen - eines mit Vertretern anderer Golfstaaten und mit weiteren arabischen Staats- und Regierungschefs. So reiste auch der ägyptische Präsident Abdel Fattah Al-Sisi an den Golf.
Auf einer Wellenlänge
Doch neben den Wirtschaftsinteressen ist der Besuch Beobachtern zufolge auch eine klare geopolitische Botschaft der Saudis und auch der Chinesen an die USA - das Signal, dass es alternative Partner auf der Welt gibt. Diese saudisch-chinesische Annäherung sei schon seit einigen Jahren zu beobachten, sagt Angela Stanzel von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Und China sende damit an die USA das Signal, dass es mit dem Bündnis zu Saudi-Arabien sozusagen in die "Einflusssphäre der USA" eintrete.
Zumindest in der Menschenrechtsfrage treffen sich mit China und Saudi-Arabien zwei Brüder im Geiste. Und so müssen die Machthaber am Golf bei dem chinesischen Besuch eines nicht befürchten: Den für die Saudis langsam schon nervig gewordenen erhobenen Zeigefinger der westlichen Staats- und Regierungschefs in Sachen Missachtung von Menschenrechten.
Vor allem das Verhältnis zu den USA galt in den vergangenen Jahren als unterkühlt, besonders durch den Mord am saudischen Journalisten Jamal Khashoggi 2018 in Istanbul - als Drahtzieher gilt das saudische Könighaus höchstpersönlich. Um das Verhältnis zu entspannen, war Joe Biden im Sommer an den Golf gereist. Der Empfang für den US-Präsidenten war bei weitem nicht so pompös wie der jetzt für den chinesischen Staatschef.
Die ersehnte Rote-Teppich-Behandlung
Saudi-Arabien ist frustriert durch einen schrittweisen Rückzug Washingtons aus dem Nahen Osten, wodurch man die Sicherheitsgarantien bedroht sieht. Und die Amerikaner sind frustriert, dass sich Saudi-Arabien als wichtigstes Land in der OPEC kurz vor den US-Midterm-Wahlen für eine Kürzung der Fördermenge ausgesprochen hatte - und US-Präsident Biden im Wahlkampf daher durch die hohe Benzin- und Energiepreise innerpolitisch unter Druck stand.
Ein belastetes Verhältnis in beide Richtungen. Da kommt ein unbelasteter Partner aus Asien am Golf gerade recht. Auch für die Chinesen, sagte bereits vor einigen Wochen Politico-Korrespondent Phelim Kine in einem Interview bei CBS: "Xi Jinpings Entscheidung für Saudi-Arabien erfüllt zwei Schlüsselziele der Chinesen: Einerseits das Bündnis mit dem wichtigsten Energielieferanten zu stärken, der entscheidend für den chinesischen Wirtschaftsmotor ist", so Kine. Andererseits habe sich Xi für Saudi-Arabien entschieden, weil er dort willkommen sei. "Er bekommt die Rote-Teppich-Behandlung, die Biden nicht wollte."
Beziehungen zum Iran und Russland
Einziger Wermuttropfen für die Saudis in den Beziehungen zur Volksrepublik: China macht Geschäfte mit allen Seiten. Auch zum saudischen Erzfeind Iran unterhält Peking ein enges Bündnis, Teheran beliefert die energiehungrige Volksrepublik ebenfalls mit Öl.
Die engen chinesischen Beziehungen zu Russland dagegen stehen der chinesisch-saudischen Freundschaft nicht im Wege: Die Saudis pflegen trotz ihrer Partnerschaft mit den USA auch enge Wirtschaftsbeziehungen zu Moskau und kauften im Sommer für den Eigenbedarf große Mengen vom billigen Öl aus Russland ein, um das eigene Öl gewinnbringend auf dem Weltmarkt zu verkaufen.
Eine Maximierung der eigenen Wirtschaftserträge - vor allem in diesem Punkt dürften sich China und Saudi-Arabien bei ihrem Treffen bestens verstehen. Und die Golf-Staaten senden ein Signal an die Welt: Ihre strategischen Partner liegen längst nicht mehr nur im Westen, sondern auch in Asien.