Humanitäre Not im Gazastreifen "Eine Situation, die immer schlimmer wird"
Während die heftigen Kämpfe im Gazastreifen weitergehen, wächst die Not der Zivilbevölkerung. Erneut schlagen UN und WHO Alarm - die Lage werde immer dramatischer, auch die Helfer seien am Limit.
Lkw passieren den israelischen Grenzübergang Kerem Shalom nach Ägypten. Erstmals seit Beginn des Krieges zwischen der Hamas und Israel ist nun auch dieser Grenzübergang für Hilfslieferungen geöffnet worden. Zwar nur nach Ägypten, doch die Hoffnung ist groß, dass die Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern für Gaza nun schneller von den israelischen Behörden kontrolliert werden und damit auch schneller über Rafah in den Gazastreifen gelangen - auch wenn es aufgrund der Kämpfe im Süden des Küstenstreifens weiter große Probleme gibt, die Hilfsgüter an die Bevölkerung zu verteilen.
Für viele, etwa den kleinen Abdallah Al Majayda, der von einem kleinen Hügel aus auf die einfahrenden Lkw blickt, sind die Hilfsgüter wie eine Fata Morgana. "Ich sehe von hier aus jeden Tag die Lkw, wie sie kommen und gehen", sagt er. "Und dabei haben wir kein Mehl in unserem Haus. Es gibt viele Hilfslieferungen, etwa zehn Lastwagen waren kürzlich vor uns. Aber wir haben davon nichts abbekommen."
Häuserkämpfe in Chan Yunis und Gaza-Stadt
Weiter werden heftige Kämpfe aus verschiedenen Regionen des Gazastreifens gemeldet. Vor allem in Chan Yunis und in Gaza-Stadt kommt es zu einem erbittert geführten Häuserkampf, der auf beiden Seiten Opfer fordert.
Gleichzeitig wächst die Not der Zivilbevölkerung in dem Kriegsgebiet. Nach einem Besuch in Gaza erklärte der Generalkommissar des UN-Palästinenserhilfswerks, Philippe Lazzarini, die Menschen flehten inständig um ein Ende dieser Hölle auf Erden.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee
Entsetzen auch bei Richard Peeperkorn, dem Gesandten der Weltgesundheitsorganisation WHO für die palästinensischen Gebiete. Nach seinen Angaben sind nur noch elf der einst 36 Kliniken im Gazastreifen in Betrieb, und das auch nur eingeschränkt. Die Hilfsorganisationen seien am Limit, so Peeperkorn.
Der Spielraum für humanitäre Helfer, innerhalb des Gazastreifens Hilfe zu leisten, ist unglaublich komplex und wird immer kleiner. Es ist für uns sehr schwierig, Hilfsgüter, Patienten und Personal sicher und schnell zu transportieren. Und der Bedarf ist enorm, um zur Linderung dieser katastrophalen humanitären Situation beizutragen. Eine Situation, die immer schlimmer wird.
Autonomiebehörde fordert Kurswechsel von Israel
Auffallend ruhig war es zuletzt bei der Palästinensischen Autonomiebehörde. Der greise Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas meldete sich seit dem Terrorangriff am 7.Oktober öffentlich nur selten zu Wort. Sein Ministerpräsident Mohammed Shtayyeh macht nun deutlich, dass die Probleme trotz einer möglichen Zerschlagung der Hamas weiter bestehen würden. Er fordert von Israel einen grundlegenden Kurswechsel in der Palästinenserpolitik.
Wenn Israel Frieden will, bedeutet das, die Besatzung, die auf unserem Land stattgefunden hat und die unser Volk vertrieben hat, dass diese Besatzung beendet wird. Ohne dass die Palästinenser in ihr Land zurückkehren, wird es keinen Frieden geben. Israel muss begreifen, dass das Land für den Frieden die Lösung ist, ebenso die Anerkennung Palästinas, und dass auch die Beendigung des Tötens die Lösung ist.
Dass es dazu kommt, ist eher unwahrscheinlich. In einer Videobotschaft machte Israels Premier Benjamin Netanyahu deutlich: Ein zweites Oslo - also einen erneuten Friedensvertrag mit den Palästinensern - werde es nicht geben. Diesen Fehler werde er, so Netanyahu, nicht wiederholen.