Myanmar Militärjunta richtet vier Dissidenten hin
Erstmals seit 1990 haben die Generäle in Myanmar vier Menschen hinrichten lassen, die seit Jahrzehnten für Demokratie in dem Land kämpften. Laut Menschenrechtlern erfuhren deren Familien erst nach der Vollstreckung von den Hinrichtungen.
Die Junta in Myanmar hat trotz internationaler Proteste erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstreckt. Vier im Januar verurteilte Dissidenten seien hingerichtet worden, darunter der frühere Parlamentsabgeordnete und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw (41) und der prominente Demokratieaktivist Kyaw Min Yu (53), auch bekannt unter dem Namen Jimmy. Dies berichtete die staatliche Zeitung "Global New Light of Myanmar".
Sie seien für schuldig befunden worden, bei der Durchführung "unmenschlicher Terrorakte" geholfen zu haben.
Aktivist und Hip-Hop-Künstler Phyo Zeya Thaw vor dem Parlament in Naypyidaw (Archivbild von 2015)
Der Aktivist Kyaw Min Yu alias "Ko Jimmy” gehörte zu den Köpfen der Studentenproteste 1988 gegen die damalige Militärjunta. Phyo Zeya Thaw war einst Parlamentarier der Partei „Nationale Liga für Demokratie“ unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, deren zivile Regierung am 1. Februar vergangenen Jahres gestürzt worden war. Es handelt sich um die ersten vollzogenen Todesstrafen in dem südostasiatischen Krisenstaat seit 1990.
Auswärtiges Amt: "Neuer trauriger Tiefpunkt"
Das deutsche Auswärtige Amt verurteilte die Hinrichtung der Dissidenten auf das Schärfste. Ein Ministeriumssprecher sagte, die Militärjunta habe damit einen "neuen traurigen Tiefpunkt ihrer Gewaltherrschaft" erreicht und zeige ihre "vollkommene Verachtung für die Menschenrecht". Die Bundesregierung rief die Machthaber in dem asiatischen Land dazu auf, von weiteren Hinrichtungen abzusehen, die Gewalt gegen das eigene Volk unverzüglich zu beenden, eine friedliche Lösung durch Dialog zu ermöglichen, die politischen Gefangenen freizulassen und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewähren.
Der Außenamtssprecher betonte, dass zwei prominente Vertreter der demokratischen Opposition hingerichtet worden seien, mache auch die Verachtung des Militärs für die demokratischen Bestrebungen des eigenen Volkes deutlich. Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu hätten sich furchtlos für ein freies und demokratisches Myanmar eingesetzt und dafür mit dem Leben bezahlt.
Human Rights Watch: "Schockierende Geschwindigkeit"
"Die schockierende Geschwindigkeit, mit der die Todesurteile vollstreckt wurden, und die Gefühllosigkeit, mit der sie durchgeführt wurden, werden noch dadurch verschlimmert, dass die Familien - genau wie wir alle - im Nachhinein und nur durch die Medien vom Tod ihrer Angehörigen erfuhren", sagte Manny Maung von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch der Nachrichtenagentur dpa. Er forderte die Internationale Gemeinschaft auf, dringend Maßnahmen gegen die Militärregierung zu ergreifen.
Die amtierende Asien-Direktorin von Human Rights Watch, Elaine Pearson, sprach von "einem Akt äußerster Grausamkeit". Die Junta ziele mit dieser Barbarei darauf ab, die Anti-Putsch-Protestbewegung zum Schweigen zu bringen. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, die Vereinigten Staaten und andere Regierungen sollten die Junta umgehend wissen lassen, "dass die von ihr begangenen Gräueltaten Konsequenzen haben".
Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in Myanmar, Tom Andrews, twitterte, er sei "erschüttert" von der Nachricht: "Die UN-Mitgliedstaaten müssen ihre Leben ehren, indem sie diese abscheuliche Tat zu einem Wendepunkt bei der Reaktion der Welt auf diese Krise machen."
Bereits im Juni, nachdem die Verurteilten ihre Berufungsverfahren verloren hatten, warnten UN-Experten: "Diese Todesurteile, die von einem illegitimen Gericht einer illegitimen Junta verhängt wurden, sind ein abscheulicher Versuch, den Menschen in Myanmar Angst einzujagen." Eine den Familien nahestehende Quelle sagte der dpa, die Männer seien am Sonntagmorgen gehängt worden.
Phyo Zeya Thaw und Kyaw Min Yu durften ihre Familien vor wenigen Tagen noch einmal per Zoom-Schalte sehen, berichteten lokale Medien und den Familien nahe stehende Quellen. "Wir haben gehofft, die Urteile würden nicht vollstreckt, es ist einfach schrecklich", sagte eine Frau aus dem Umkreis der Familie von Kyaw Min Yu. "Die Familien dachten, sie seien noch eine Weile sicher."
Land versinkt in Chaos und Gewalt
Die Generäle hatten im Februar 2021 geputscht und Suu Kyi entmachtet. Seither versinkt das frühere Birma in Chaos und Gewalt. Gegen die Friedensnobelpreisträgerin laufen zahlreiche Verfahren wegen angeblicher Vergehen. Vor einem Monat wurde sie vom Hausarrest ins Gefängnis verlegt.