Irans Außenminister Abbas Araghtschi

Vormarsch der Dschihadisten Iran will Truppenverlegung nach Syrien prüfen

Stand: 04.12.2024 10:03 Uhr

Die Offensive der Dschihadisten setzt Syriens Machthaber Assad weiter unter Druck. Um dem standzuhalten, ist er auf Unterstützung von Verbündeten angewiesen. Nun zeigte sich Irans Außenminister offen dafür, Soldaten ins Land zu schicken.

Angesichts des Vormarschs der Dschihadisten im Norden Syriens ist der Iran nach Angaben von Außenminister Abbas Araghtschi bereit, Truppenverlegungen in das Land zu prüfen. "Wenn die syrische Regierung Iran um die Entsendung von Truppen nach Syrien bittet, werden wir das Ersuchen prüfen", sagte Araghtschi gegenüber Al-Arabi al Dschadid.

Wie die arabischsprachige Abteilung des iranischen Rundfunks, Al-Alam, meldete, sind bereits ein General und weitere Militärberater in das Land geschickt worden. Die Delegation unter Führung von General Dschawad Ghafari, eines Syrien-Kenners, soll nun die Gegenoffensive der Regierungstruppen rund um Hama unterstützen.

Iran und Russland sind wichtigste Unterstützer Assads

Der Iran und die mit ihm verbündete Truppen aus der Region sind neben Russland die wichtigsten Unterstützer des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Seit Beginn der Offensive der von den Dschihadisten angeführten Allianz vergangene Woche ist es allerdings das erste Mal, dass der Iran sich in dieser Deutlichkeit zu einer unmittelbaren Unterstützung syrischer Regierungstruppen durch iranische Soldaten äußert.

Der iranische Generalstabschef hat sich zudem wegen der Entwicklungen in der Region telefonisch mit dem russischen Verteidigungsminister Andrej Beloussow sowie seinen Amtskollegen in Syrien und Irak beraten. Dabei sei eine entschlossene Unterstützung für die syrische Armee besprochen worden, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Irna.

Putin fordert Erdogan auf, seinen Einfluss zu nutzen

Die Lage in Syrien stand nach Angaben des Kremls auch im Fokus eines Telefonats zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Nach Angaben aus dem Kreml forderte Putin den türkischen Präsidenten auf, seinen Einfluss in der Region zu nutzen, um die verfassungsmäßige Ordnung wiederherzustellen. Die "terroristischen Aggressionen gegen den syrischen Staat" müssten schnellstmöglich beendet werden.

Russland hatte 2015 zugunsten des syrischen Machthabers in den Bürgerkrieg eingegriffen. Die Türkei unterstützte hingegen die Aufständischen in Syrien, bemühte sich jedoch in den vergangenen Monaten um eine Annäherung an die Regierung des Nachbarlandes. Erdogan rief die Regierung in Damaskus dazu auf, "sich an einem echten politischen Prozess zu beteiligen, um eine Eskalation der Lage zu vermeiden".

Die Lage in Syrien stand am Dienstag auch im Mittelpunkt einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Dabei überzogen sich Vertreter der USA und Russlands mit gegenseitigen Anschuldigungen. Der stellvertretende US-Botschafter bei der UN, Robert Wood, forderte eine Deeskalation der Kämpfe. Wood beschuldigte die Streitkräfte des syrischen Präsidenten Assad und Russlands, bei Angriffen auf Schulen und Krankenhäuser zivile Opfer zu verursachen. "Wir machen uns keine Illusionen, dass Washington jemals bereit sein wird, den internationalen Terrorismus ernsthaft zu bekämpfen", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja auf Woods Worte.

US-Truppen starten "Selbstverteigungsangriff"

Bei den jüngsten Kämpfen geraten auch die in Syrien stationierten US-Truppen inzwischen unter Druck. Wie Pentagon-Sprecher Patrick Ryder mitteilte, zerstörten US-Kräfte in der Nähe des Militärstützpunktes Euphrat in Ostsyrien mehrere Waffensysteme, "die eine unmittelbare Gefahr für die US-Truppen" sowie Verbündete dargestellt hätten. "Der Selbstverteidigungsangriff erfolgte nach dem Abschuss von Raketen und Mörsern, die in der Nähe des Stützpunktes eingeschlagen waren", sagte Ryder vor Journalisten.

Das Pentagon prüfe derzeit noch, wer für die Angriffe verantwortlich ist, da sowohl vom Iran unterstützte Milizen als auch syrische Streitkräfte in dem Gebiet agierten. Ryder stellte klar, dass der Angriff nicht im Zusammenhang mit der laufenden Offensive in Aleppo stehe. Er diente demnach ausschließlich dazu, "die unmittelbare Gefahr von US-Personal abzuwehren".

Offenbar Kämpfe um Hama

Unterdessen setzen die Aufständischen unter der Führung der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in London ihren Vormarsch fort. Sie stünden demnach kurz davor, die viertgrößte Stadt des Landes Hama einzunehmen. Die Kämpfer stünden nun "vor den Toren der Stadt" stehen würden und zudem einige Stadtviertel bombardiert. Aufgrund der Kämpfe sei Hama "von einer großen Vertreibungswelle betroffen". Die Angaben der Aktivisten sind nicht unabhängig überprüfbar.

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana zitierte Armeekreise allerdings mit den Worten, dass "große militärische Verstärkungen in der Stadt Hama eingetroffen" seien, um "die Kräfte an den Frontlinien zu unterstützen und allen Angriffsversuchen entgegenzuwirken".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Dezember 2024 um 09:04 Uhr.