Syrisches Gefängnis Sednaya Suche nach Menschen in unterirdischen Zellen
Zahlreiche Gegner des syrischen Machthabers Assad saßen im berüchtigten Gefängnis Sednaya ein. Viele Gefangene wurden nun befreit, doch die Hilfsorganisation Weißhelme vermutet noch Menschen in unterirdischen Zellen.
Bilder zeigen mehrere Dutzend Männer, die aus einer engen Zelle des Militärgefängnisses Sednaya herausströmen. Sie sind bleich, einige kriechen auf dem Boden. Sie können ihr Glück kaum fassen, als sie realisieren, dass sie befreit wurden.
Weswegen die Männer im Gefängnis saßen, ist nicht klar. Sednaya ist allerdings berüchtigt. Syrer nennen es auch den "Schlachthof". Nach Angaben von Amnesty International wurden dort Zigtausende politische Gefangene hingerichtet - ohne je einen Prozess bekommen zu haben. Folter stand auf der Tagesordnung.
Ahmed Mazhar Saado war in dem Gefängnis und lebt jetzt im Exil in der Türkei. Er beschreibt sich selbst als Oppositionellen. Sadoo berichtet im arabischen Fernsehen, was er in Sednaya gesehen hat. "Ich gebe Ihnen das Beispiel einer Person, die mit mir im Gefängnis war. Man hat ihn so lange gefoltert, bis er den Verstand verlor und verrückt wurde."
Der Mann sei ein Händler aus Damaskus gewesen. "Sie haben ihn gedemütigt, unterdrückt und übermäßig gefoltert," berichtet Saado. "Er wurde wahnsinnig, und sie warfen ihn auf dem Boden und ließen ihn da liegen, bis er starb."
Tausende Insassen aus Gefängnissen befreit
In den vergangenen Tagen haben die Aufständischen Tausende Insassen aus Gefängnissen befreit. Unter ihnen womöglich Kriminelle. Aber auch politische Gefangene, die einfach in den Zellen verschwunden sind, ohne dass Angehörige je wieder etwas von ihnen gehört haben.
Und es sind offenbar sehr viele. Ahmed Rahhal war früher selbst Teil des Regimes. Heute lebt er in Istanbul, tritt als Militärexperte im Fernsehen auf: "Es gibt einen Witz, dass es mehr Gefängnisse und Internierungslager in Syrien gibt als Schulen oder Krankenhäuser", sagt er. "Deshalb haben die Menschen in Syrien in Angst und Panik gelebt."
Die syrischen Weißhelme haben einen Tag nach dem Sturz des Assad-Regimes angekündigt, dass sie nun nach unterirdischen Gefängnissen suchen. Die Gefängnisse, die man nicht sofort sieht.
Befreite Gefangene hätten davon berichtet. Die private Hilfsorganisation wurde bekannt, weil sie während des Bürgerkrieges Menschen in den Oppositionsgebieten versorgte. Das Auswärtige Amt förderte ihr Engagement zeitweise.
"Niemanden zurücklassen"
Der Leiter der Weißhelme, Raed al Saleh, erzählt: "Bis jetzt suchen wir weiterhin nach Gefangenen im Sednaya-Gefängnis. Aber ich glaube, dass es dort keine Gefangenen mehr gibt, die noch im Gefängnis sind. Dennoch arbeiten wir mit aller Kraft daran, niemanden zurückzulassen oder die Hoffnung aufzugeben, jemanden zu finden."
Einen Tag nach dem Sturz des syrischen Langzeitdiktators ist noch unklar, wie Syrien in Zukunft aussehen wird. Sicher ist, dass das Trauma vieler womöglich unschuldig Inhaftierter aufgearbeitet werden muss, genauso wie das ihrer Familien. Sie alle werden Gerechtigkeit fordern.
Für den ehemaligen Ex-Häftling Ahmed Mazhar Saado ist klar: Bashar al-Assad, der mit seiner Familie jetzt in Russland Asyl bekommen hat, muss vor Gericht. "Das syrische Volk wird nicht schweigen und nicht ruhen, bis dieser Kriminelle vor dem Internationalen Strafgerichtshof steht."
Man werde nun gemeinsam daran arbeiten, "diesen Verbrecher vor Gericht zu bringen und ihn nicht nur als Kriegsverbrecher, sondern auch als Verbrecher gegen die Menschlichkeit verurteilen zu lassen".