Reaktion auf Krieg in Ukraine Belgien will Atomausstieg verschieben
Belgien will den bislang für 2025 geplanten Atomausstieg um zehn Jahre verschieben - auch wegen des Krieges in der Ukraine und der gestiegenen Energiepreise. Zwei Kraftwerke sollen bis 2035 am Netz bleiben.
Belgien will den Atomausstieg um zehn Jahre verschieben. Das nahe der deutschen Grenze gelegene Kernkraftwerk Tihange 3 sowie das bei Antwerpen gelegene Kernkraftwerk Doel 4 sollen bis mindestens Ende 2035 weiterlaufen können. Das bestätigte der belgische Premierminister Alexander De Croo am Freitagabend nach Beratungen der Regierung.
Durch die Laufzeitverlängerung soll die Energiesicherheit in Belgien gewährleistet werden. Dabei spielen auch der Krieg in der Ukraine und die zuletzt stark angestiegenen Energiepreise eine Rolle.
Mehrfach Mängel festgestellt
Die geplante Laufzeitverlängerung muss nun noch mit dem Betreiber Engie verhandelt werden. Das Unternehmen hatte sich darauf eingestellt, die Kraftwerke spätestens Ende 2025 abzuschalten und dürfte nun viel Geld für die Planänderung verlangen.
Was Belgien als Lösung für eine mögliche Energieknappheit sieht, ist für Deutschland schon seit Jahren Grund zur Sorge. So wurden bei den derzeit noch sieben belgischen Atommeilern mehrfach Mängel festgestellt, etwa marode Betonteile. Die Stadt Aachen und die Bundesregierung hatten in der Vergangenheit deswegen mehrfach gefordert, die Reaktoren stillzulegen. Die ältesten stammen aus den 1970er Jahren.
Debatte auch in Deutschland
Auch in Deutschland wurde das Thema der Laufzeitverlängerung zuletzt wieder diskutiert. Der Krieg in der Ukraine und die stark gestiegenen Gaspreise haben gezeigt, wie abhängig Europa von fossilen Brennstoffen ist - besonders von Russland, das rund 40 Prozent des Gases in der EU liefert und rund 55 Prozent in Deutschland.
So sagte etwa Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), ein längerer Betrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland könne für einen begrenzten Zeitraum "sehr helfen".
Bundeswirtschafts- und Umweltminister Robert Habeck (Grüne) hat jedoch klargestellt, dass die Vorbereitungen für die Abschaltung der letzten drei AKW in Deutschland bis Ende des Jahres schon zu weit fortgeschritten sind, um sie in Betrieb zu halten.
Ausbau von Gaskraftwerken geplant
Belgien erzeugte zuletzt rund 40 Prozent seines Stroms durch Kernkraft. Die Pläne für einen Atomausstieg waren erstmals 2003 gesetzlich festgehalten worden, die Abschaltung wurde aber immer wieder verschoben.
Im vergangenen Jahr einigte sich die Regierung von Premierminister De Croo auf zwei Szenarien. Plan A: Ein Ausstieg bis Ende 2025 mit höheren Investitionen in neue Gaskraftwerke. Plan B: Das Weiterlaufen von zwei Reaktoren. Bis vor kurzem galt Plan B noch als unwahrscheinlich. So warnte der Betreiber Engie im Dezember, es scheine unmöglich, die Verlängerung über 2025 hinaus zu gewährleisten - allein schon wegen der umständlichen und zeitaufwendigen Gesetzesänderung.