Das Jahr der Entscheidung Stimmen die Briten 2016 gegen die EU?
"Brexit "- das könnte der britische Austritt aus der EU werden. Die Briten streben schon länger nach Sonderregeln, sind beispielsweise nicht beim Euro dabei. In diesem Jahr stimmen sie voraussichtlich darüber ab, ob sie der EU den Rücken kehren.
Von Stephanie Pieper, ARD-Studio London
Donnerstag, den 23. Juni 2016 - dieses Datum haben sich einige britische Politiker bereits mit Bleistift in ihrem Kalender markiert - als einen möglichen Termin für die Entscheidung über "in or out". Bleiben die Briten drin in der EU, oder gehen sie raus?
Offiziell steht noch kein Termin fest. Aber der Londoner Student Elliot weiß bereits jetzt, dass er für die weitere EU-Mitgliedschaft Großbritanniens stimmen wird: "Ich finde es klasse, dass ich in anderen europäischen Ländern leben und studieren und arbeiten kann, weil wir in der EU sind. Außerdem wird die Welt ja eher unsicherer - wenn man an den Terror denkt oder an die wirtschaftliche Entwicklung. Da ist es wichtig, zu kooperieren statt sich abzuspalten."
Reformen für einen EU-Verbleib
Kurz vor Weihnachten hatte die Queen das Gesetz unterschrieben, wonach das EU-Referendum vor Ende 2017 stattfinden muss. Voraussichtlich wird David Cameron das Volk irgendwann 2016 an die Urne rufen - wenn nicht vor den Sommerferien, dann im Herbst.
Zuvor will der britische Premier noch schnell die EU nach seinen Wünschen reformieren, was kein leichtes Unterfangen wird. Dennoch gab sich Cameron nach dem jüngsten Brüsseler Gipfel optimistisch: "Es gibt einen Weg, um bereits im Februar einen Deal zu erreichen. Und die Stimmung ist so, dass die anderen Mitglieder Großbritannien unbedingt in der EU halten wollen."
UKIP: "No" zu Europa
Dagegen wird die Anti-EU-Partei UKIP vor dem Volksentscheid alle Kräfte mobilisieren, um die Briten zu einem "No" zur EU zu bewegen. Die Kampagne wird aber auch zur Zerreißprobe für Camerons konservative Partei, in deren Reihen die zahlreichen EU-Rebellen bereits mit den Hufen scharren.
Zu den Gegnern gehört der frühere Verteidigungsminister Liam Fox: "Ich wäre nur dann für den Verbleib Großbritanniens, wenn sich unsere Beziehung zur EU fundamental verändern würde. Und wenn sich die EU statt sich immer stärker zu integrieren - zu einem losen Staatenbund entwickeln würde. Das wird aber nicht passieren." Fox spricht sich also für den "Brexit"aus, für den britischen EU-Ausstieg - noch ehe Cameron seine Reformverhandlungen in Brüssel abgeschlossen hat. Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Tories wegen Europa zerfleischen.
"Es steht viel auf dem Spiel"
Der früherer Premierminister John Major hat dies am eigenen Leib erfahren und warnt heute vor dem Bedeutungsverlust des Landes, sollte sich das Vereinigte Königreich tatsächlich aus dem europäischen Club verabschieden: "Wenn wir raus sind, sind wir raus - und müssen mit den Konsequenzen leben. Wären wir so sicher wie heute? Nein. Würde es uns so gutgehen? Nein. Wären wir so einflussreich? Nein. Es steht viel auf dem Spiel."
Glaubt man den jüngsten Umfragen, dann schwappt momentan indes nicht gerade eine Welle der Europa-Begeisterung über die Insel. Erst das Griechenland und dann das Flüchtlingsdrama haben das Ansehen der EU in den Augen etlicher Briten weiter sinken lassen. Bei den bereits entschlossenen Wählern steht es etwa halbe-halbe pro und contra EU.
Der Londoner Rentner Simon will auf jeden Fall raus: "England war schon immer eine Insel, wir waren schon immer anders, wir können auch außerhalb der EU überleben. Wenn man in die Geschichte zurückblickt, dann waren wie nie so angewiesen auf andere Länder wie die auf dem Kontinent."
Eine Zitterpartie - bei der EM und der EU
Es könnte also eine Zitterpartie werden für die EU-Befürworter, aus deren Sicht übrigens eines gegen ein Referendum ausgerechnet am 23. Juni spricht: Denn bis dahin könnten sowohl England als auch Nordirland als auch Wales ausgeschieden sein bei der Fußball-Europameisterschaft. Was einer EU-freundlichen Stimmung eher nicht zuträglich wäre.