Brexit-Aufschub Spiel auf Zeit, Spiel mit dem Feuer
Nach dem erfolgreichen Votum für die Brextension, den Aufschub des EU-Austritts, geht das Taktieren auf der Insel in die nächste Runde. Nur eines ist klar: Eine Mehrheit für ein zweites Referendum gibt es bislang nicht.
Nach ihren jüngsten Niederlagen ist das Ergebnis dieses Abends zumindest ein kleiner Etappensieg für Theresa May. Eine Mehrheit - 412 Parlamentarier - stimmten für ihren Antrag, den Brexit zu verschieben, 202 dagegen. Die britische Premierministerin sei an einem Punkt angelangt, wo sie sich über jeden kleinen Erfolg im Unterhaus freuen könne, sagte der Politikwissenschaftler vom King’s College, Anand Menon, dem TV-Sender Sky News.
Diese Abstimmung war durchaus wichtig. Das ist schließlich die Grundlage dafür, dass sie in der nächsten Woche dem Parlament ihren Deal erneut zur Abstimmung vorlegen kann. Das Parlament versucht die Kontrolle zu übernehmen. Die Regierung hat den Prozess gerade noch so im Griff.
Bis spätestens zum 20. März - unmittelbar vor dem nächsten EU-Gipfel in Brüssel - soll das britische Unterhaus ein drittes Mal über den mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal abstimmen. Zweimal ist die britische Premierministerin mit dem Deal bereits krachend gescheitert. Sollte ihr Antrag durchkommen, will May eine Verlängerung bis zum 30. Juni beantragen. Der Verschiebung des Brexits müssen allerdings alle 27 EU-Staaten zustimmen.
Erste Abstimmung über zweites Referendum scheitert klar
Keiner der vier Änderungsanträge an diesem Abend konnte eine Mehrheit gewinnen. Diese Tatsache demonstriert erneut, wie schwer es ist, im britischen Unterhaus einen Konsens für irgendetwas zu finden. Zum ersten Mal stimmten die Abgeordneten über ein zweites Referendum ab, lediglich 85 Abgeordnete votierten dafür. Es sei ein Testlauf gewesen, sagt der Parteichef der Liberaldemokraten Vince Cable.
Über Theresa Mays Deal wird ja auch immer wieder abgestimmt. Wir werden auch immer wiederkommen. Die Labour-Partei hatte versprochen, dass sie sich in Richtung eines zweiten Referendums bewegen wird, sie haben nicht geliefert. Das ist natürlich enttäuschend. Es wird eine nächste Chance geben. Die Regierung wird erkennen, dass es gar keine andere Möglichkeit gibt, als die Menschen nochmal über das Abkommen abstimmen zu lassen.
Labour-Chef tritt auf die Bremse
Die meisten Labour-Abgeordneten hatten sich bei der Abstimmung über ein zweites Referendum enthalten. Die Parteiführung hatte dazu aufgerufen, den Änderungsantrag zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu unterstützen. Der Labour-Chef Jeremy Corbyn will in den nächsten Tagen parteiübergreifend Gespräche führen, um einen Kompromiss zu finden.
Weder der Brexit-Vertrag von Premierministerin Theresa May noch ein EU-Austritt ohne Deal sind noch eine Option. Jetzt muss sie den rechtlichen Rahmen dafür schaffen, den Brexit zu verschieben. Ich bin davon überzeugt, dass ein alternativer Plan, den wir vorschlagen, eine Mehrheit im britischen Unterhaus bekommen kann.
May glaubt weiter an ihr Abkommen mit der EU
Corbyn favorisiert einen weicheren Brexit mit einer permanenten Zollunion. Doch davon will May nichts wissen, sie kämpft weiter für ihren Deal. Der Gesundheitsminister Matt Hankock ist überzeugt, dass am Ende eine Mehrheit der Abgeordneten dafür stimmen wird.
Es gibt nun zwei Optionen: Stimmen die Abgeordneten für den Deal, dann treten wir geordnet aus. Die zweite Option wäre ansonsten eine lange Verschiebung. Das wäre ein Desaster. Es würde zu keiner Lösung beitragen. Es ist im nationalen Interesse, dass wir jetzt für das Abkommen stimmen.
Bei einer langen Verschiebung müssen die Brexit-Hardliner befürchten, dass der Brexit gar nicht stattfindet. Nur zwei Wochen bleiben bis zum offiziellen Austrittstermin. Sollte er über den 30. Juni hinaus verschoben werden, müsste Großbritannien womöglich sogar an den Europawahlen teilnehmen. Sollte die EU einer Verlängerung nicht zustimmen, steuert Großbritannien ungebremst auf einen No-Deal-Brexit zu.