Zwangspause für Unterhaus Widerstand gegen Johnsons Plan
Johnsons Entscheidung, dem britischen Parlament eine Zwangspause aufzuerlegen, schlägt hohe Wellen. Mehr als eine Million Menschen haben eine Online-Petition gegen den Schritt unterzeichnet. Tausende gingen auf die Straße.
Der Zorn über die vom britischen Premierminister Boris Johnson verordnete Zwangspause für das Parlament wächst. Eine Online-Petition gegen die umstrittene Maßnahme wurde binnen weniger Stunden von mehr als einer Million Menschen unterzeichnet. Die Initiatoren verlangen, dass das Parlamentsgeschehen nicht unterbrochen wird, solange Großbritannien den Austritt aus der Europäischen Union nicht verschiebt oder seinen Austrittsantrag zurückzieht. Solche Petitionen kann jeder Bürger einbringen, sie sind aber vor allem symbolischer Natur.
Am Abend gingen in mehreren Städten Tausende Menschen auf die Straßen. In London versammelten sich Demonstranten vor dem Parlament und vor Johnsons Amtssitz in der Downing Street. Sie forderten ein Ende des "Putsches" und schwenkten Europa-Fahnen.
Rechtliche Schritte eingeleitet
Die Aktivistin Gina Miller teilte Berichten zufolge mit, sie habe rechtliche Schritte gegen die Entscheidung eingeleitet. Miller hatte bereits 2017 ein Verfahren gegen die Regierung gewonnen, bei dem es um die Rechte des Parlaments bei der EU-Austrittserklärung ging.
Johnson hatte dem Parlament in London zwei Monate vor dem geplanten Brexit eine Zwangspause verordnet. Königin Elizabeth II. stimmte einem Antrag Johnsons zu, die traditionelle Parlamentspause bis zum 14. Oktober zu verlängern. Die Entscheidung gibt den Abgeordneten deutlich weniger Zeit als von ihnen gewünscht, um einen ungeregelten Brexit zu verhindern.
Wütende Abgeordnete
Viele Parlamentarier reagierten erzürnt. Parlamentspräsident John Bercow, der über die geplante Zwangspause für das Parlament nicht vorab informiert war, bezeichnete die verlängerte Sitzungspause als "Verfassungsfrevel". Labour-Chef Jeremy Corbyn nannte die Zwangspause einen "Skandal" und warf Johnson vor, die Demokratie zu zerschlagen, um "einen No-Deal-Brexit zu erzwingen".
Schottische Konservative verkündet Rücktritt
Auch in seiner eigenen Partei löste Johnson eine heftige Kontroverse aus. Die Chefin der schottischen Konservativen, Ruth Davidson, verkündete nun ihren Rücktritt. Dennoch wolle sie den Premierminister unterstützen, sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters zufolge.
Auslöser für den Rückzug der Politikerin sollen Medienberichten zufolge vor allem private Gründe sein, doch der Zeitpunkt gab Anlass für Spekulationen über einen tiefen Riss in der Partei: Davidson war Johnsons erbittertste innerparteiliche Rivalin im Wahlkampf vor dem Brexit-Referendum 2016 und ist eine entschiedene No-Deal-Gegnerin. Sie galt einst als Hoffnungsträgerin der Tory-Partei.
Johnson droht mit einem No-Deal-Brexit, sollte sich die EU nicht auf seine Forderung nach Änderungen am Austrittsabkommen einlassen. Mehrmals hatte er in den vergangenen Tagen gewarnt, Brüssel solle sich nicht darauf verlassen, dass die Abgeordneten einen No-Deal verhindern würden. Sollte es tatsächlich dazu kommen, wird mit drastischen Konsequenzen für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals gerechnet.