Mays Deal im Unterhaus Streit schon vor der Brexit-Debatte
Eigentlich sollte die Brexit-Debatte im Unterhaus bereits im Gange sein. Doch weil die Regierung ein Gutachten zu dem Abkommen nicht vorlegen will, werfen die Abgeordneten ihr nun Missachtung des Parlaments vor.
Fünf Tage bleiben Großbritanniens Regierungschefin Theresa May, die Abgeordneten von ihrem Brexit-Deal mit der EU zu überzeugen. Doch bevor die Debatte überhaupt begonnen hat, tobt im Unterhaus ein anderer Streit. Die Regierung muss sich dem Vorwurf der Opposition stellen, ein internes Rechtsgutachten zum Brexit-Abkommen nicht in Gänze vorlegen zu wollen. Die Folge: Die eigentliche Brexit-Debatte ist erstmal verschoben.
Gutachten nur als Zusammenfassung veröffentlicht
Momentan geht es im Unterhaus um den Vorwurf, die Regierung missachte das Parlament. Der Streit eskalierte, weil sich Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox weigert, den Abgeordneten Einsicht in sein Brexit-Gutachten zu geben. Er veröffentlichte lediglich eine Zusammenfassung. Die Opposition glaubt, dass heikle Passagen über die Brexit-Folgen im Gutachten geheimgehalten werden sollen. Cox argumentiert, eine vollständige Vorlage stünde dem "öffentlichen Interesse entgegen" und würde Staatsgeheimnisse offenbaren. Nach seinen Aussagen enthält das Brexit-Abkommen zwar "nicht zufriedenstellende" Elemente, gewährleiste aber als Ganzes einen "friedlichen und geordneten" Austritt aus der EU.
Sollte die Mehrheit des Unterhauses zu dem Schluss kommen, dass die Regierung tatsächlich das Parlament missachtet hat, kann es Cox suspendieren.
Endspiel für May
Für May gleicht die Unterhausdebatte einem Endspiel: Sollte sie keine Mehrheit für den von ihr ausgehandelten Vertrag finden, droht ein ungeordneter Austritt mit unabsehbaren Folgen für Großbritannien und die EU. May wollte im Plenum noch einmal eindringlich für die Annahme des Abkommens werben. Dieses entspreche dem Wunsch des britischen Volkes, hieß es in vorab veröffentlichten Redeauszügen. "Die Briten erwarten von uns einen Deal, der das Ergebnis des Referendums würdigt und uns als Land wieder zusammenkommen lässt." Das mit Brüssel ausgehandelte Abkommen könne dies gewährleisten.
Der Ausgang des Votums in der kommenden Woche gilt als offen. Wegen parteiübergreifender Vorbehalte ist bislang keine Mehrheit für Mays Vorlage in Sicht.
Brexit-Gegner erhoffen sich derweil Auftrieb durch ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Der dortige Generalanwalt vertritt die Auffassung, dass Großbritannien den in Brüssel eingereichten Antrag auf Austritt aus der EU einseitig wieder zurückziehen kann. Die politische Bedeutung dieser Rechtsfrage ist momentan eher theoretisch: Keine nennenswerte politische Kraft in Großbritannien plädiert dafür, den Brexit kurzerhand durch eine Rücknahme der Austrittserklärung abzuwenden. Die Debatte dreht sich vielmehr um die Frage, ob vor dem Vollzug des Austritts noch ein Referendum abgehalten werden soll.