China inhaftiert Muslime Umerziehungslager jetzt offiziell
Bis zu über eine Million muslimische Uiguren werden in der Provinz Xinjiang in Umerziehungslagern festgehalten - nun auch mit offizieller Erlaubnis. China hatte das bisher bestritten.
China hat die Umerziehungslager für Muslime in Xinjiang nachträglich erlaubt. Neue Vorschriften sollen lokale Behörden dazu ermutigen, als extremistisch eingestufte Personen in so genannten Trainingszentren "zu erziehen und zu transformieren". Bis zu über eine Million Muslime sollen in der Provinz Xinjiang in Umerziehungslagern festgehalten werden, vor allem Uiguren. Menschenrechtler, UN-Experten und auch das EU-Parlament hatten die Masseninhaftierung des Turkvolkes scharf kritisiert. China hatte die Existenz der Umerziehungslager bislang bestritten.
Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren, ideologische Umerziehung und erzwungene Verhaltenskorrekturen, all das ist in Xinjiang künftig erlaubt. Der Volkskongress der nordwestchinesischen Provinz hat die so genannten "Regularien zur Entradikalisierung" überarbeitet.
"Internierung durch nichts gerechtfertigt"
Patrick Poon von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Hongkong sagt: "In der Vergangenheit wurde das so klar nicht formuliert, jetzt schon: Die lokalen Behörden sollen Einrichtungen schaffen, in denen Menschen umerzogen und transformiert werden, was immer das heißt." Der Menschenrechtler kritisiert das Vorgehen der Behörden scharf: "Auch wenn das jetzt in den Vorschriften steht, wird es dadurch nicht legalisiert. Es ist überhaupt nicht legal, Menschen in diesen Lagern festzuhalten." Amnesty International fordert die chinesische Regierung weiter dazu auf, anzuerkennen, dass "diese willkürliche Internierung durch nichts gerechtfertigt" wird.
Regierung bestreitet Misshandlungen
Nach Angaben der Vereinten Nationen, westlicher Regierungen und Menschenrechtsorganisationen werden in Xinjiang bis zu über eine Million Muslime in Umerziehungslagern festgehalten. Vor allem Uiguren. Das muslimische Turkvolk stellt mit rund zehn Millionen Menschen die Hälfte der Einwohner in Xinjiang.
Die chinesische Regierung hatte bislang nur von Berufs- und Ausbildungszentren gesprochen. Politische Umerziehung als staatliche Reintegrations-Hilfe, so nennt es Li Xiaojun. "Nein, sie werden dort nicht misshandelt", sagt der Direktor für Medienangelegenheiten im chinesischen Staatsrat. Xiaojun ist auch verantwortlich für Menschenrechtsfragen. "Sie bekommen professionelle Erziehung und Trainings, damit sie bessere Jobs finden und für die Zukunft besser vorbereitet sind. Und sie bekommen auch grundlegendes Wissen über unser Gesetz vermittelt."
In den vergangenen Jahren kam es in der Provinz Xinjiang wiederholt zu Unruhen und terroristischen Anschlägen. Der chinesische Staat macht dafür extremistische uigurische Gruppen verantwortlich und führt deshalb einen rigorosen Anti-Terror-Kampf. Im Namen von Sicherheit und Stabilität ist die Provinz Xinjiang zu einem beispiellosen Überwachungsstaat geworden. Religionsfreiheit und kulturelle Selbstbestimmung der Uiguren, und auch anderer muslimischer Turkvölker in Xinjiang, wurden immer weiter eingeschränkt.
"Das Ziel ist eine starke Gleichschaltung"
Der deutsche Xinjiang-Forscher Adrian Zenz beschreibt detailliert wie kein anderer, wie die Umerziehungslager funktionieren. "Ich denke, das Ziel ist eine starke Gleichschaltung, um Kontrolle zu erreichen", sagt Zenz. Es handele sich um eine Gleichschaltung nach den Kern-Charakteristiken des Sozialismus, die von Xi Jinping in neuester Zeit immer stärker hervorgehoben würden. "Hier geht es insbesondere gegen Religionen oder andere Ideologien, die wie im Wettbewerb zum Kommunismus stehen", erklärt Zenz. "Xi Jinping spricht ja auch von der Sinifizierung von Religion. Dass Religionen sich dem chinesischen Kontext anpassen müssen."
Der Islam soll raus aus den Köpfen, die Kommunistische Partei soll rein in die Köpfe der Menschen. Mit den neuen Vorschriften in Xinjiang wird das erlaubt, was ohnehin schon lange Praxis ist. Ein Kontroll- und Umerziehungsregime gegen Uiguren und andere Muslime. Legitimiert durch den so genannten Kampf gegen Terrorismus.