Länder ändern Kurs Europa verschärft Kampf gegen Corona
In Frankreich darf man nur noch nahe der Wohnung joggen, die Niederlande verbieten Versammlungen bis zum Sommer: Mehrere Länder Europas haben ihr Maßnahmen gegen Corona verschärft. Auch Großbritannien ändert den Kurs.
Im Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie haben mehrere europäische Länder ihrer Maßnahmen weiter verschärft. In Frankreich müssen ab sofort auch die Wochenmärkte schließen, Sport im Freien wird weitgehend verboten. Betätigungen wie Joggen oder Spazierengehen dürften nur noch im Umkreis von einem Kilometer des Wohnortes stattfinden und nur noch einmal täglich maximal eine Stunde lang, erklärte Premierminister Édouard Philippe.
Märkte dürften nur noch in Ausnahmefälle geöffnet bleiben. Lokale Behörden könnten dies genehmigen, wenn der Wochenmarkt in der jeweiligen Gemeinde "die Hauptbezugsquelle für Lebensmittel" sei. Philippe bereitete die Franzosen darauf vor, dass die massiven Beschränkungen des öffentlichen Lebens noch "einige Wochen" andauern könnte.
Vor rund einer Woche hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereits drastische Maßnahmen verhängt und das Land de facto abgeriegelt. Menschen dürfen nur noch für wichtige Erledigungen, wie zum Arbeiten, zum Einkaufen oder zum Arzt vor die Tür gehen. Trotz der Ausgangssperre gab es vor allem aus Paris Bilder, auf denen sich Menschen auf Märkten drängten und Jogger sich durch die Menschenmenge schoben.
Jogger am Montmartre in Paris. Laufen ist in Frankreich künftig nur noch im Umfeld der Wohnung erlaubt.
Auch Briten müssen nun zu Hause bleiben
In Großbritannien trat gestern Abend eine dreiwöchige weitgehende Ausgangssperre in Kraft. Für die Briten gelte eine "sehr einfache Anweisung: Sie müssen zu Hause bleiben", sagte Premierminister Boris Johnson in einer Fernsehansprache. Das Haus darf nur noch zum Einkaufen, zum Arbeiten, zur ärztlichen Behandlung und für sportliche Aktivitäten verlassen werden. Auch sind Versammlungen von mehr als zwei Menschen vorerst verboten. Alle nicht unbedingt benötigten Geschäfte werden geschlossen.
Johnson hatte lange gezögert, drastische Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhängen - und war dafür scharf kritisiert worden. Erst seit gestern sind die britischen Schulen geschlossen. Restaurants, Cafés, Bars, Clubs, Theater und Freizeiteinrichtungen sind seit Freitagabend nicht mehr geöffnet. Die Regierung hatte sich zunächst gegen härtere Maßnahmen gesträubt. Zum einen wollte sie verhindern, dass der Ausbruch zu stark unterdrückt wird und im Herbst mit voller Wucht zurückkehrt. Zum anderen hoffte sie darauf, mit einer raschen Durchseuchung eine sogenannte Herdenimmunität zu erreichen. Von diesem Ansatz distanzierte sich die Regierung inzwischen und änderte ihren Kurs.
Am Wochenende hatten unzählige Briten das schöne Wetter für Ausflüge in städtische Parks und Erholungsgebiete genutzt - zu viele, um den notwendigen Abstand einhalten zu können. Der britische Vize-Premier Michael Gove droht mit höheren Strafen bei Verstößen gegen die Beschränkungen in der Öffentlichkeit. "Wenn sich Personen fortdauernd anti-sozial verhalten, gibt es stärkere Maßnahmen", sagt Gove dem Sender ITV.
Polen führt Kontaktverbot ein
Polen setzt auf weitere Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und die Reduzierung sozialer Kontakte. Ansammlungen von mehr als zwei Personen seien nicht mehr erlaubt, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. "Wir kaufen uns damit Zeit. Für uns alle, für die bessere Vorbereitung der Gesundheitsversorgung und das Bereitstellen von mehr Krankenhausplätzen."
Die Bürger sind verpflichtet, in ihren Wohnungen zu bleiben. Ausnahmen sollen nur für den Weg zur Arbeit, zum Arzt und zum Einkaufen gelten. Auch Spaziergänge sind weiterhin erlaubt. Morawiecki appellierte an die Polen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden, damit das Ansteckungsrisiko möglichst niedrig bleibe für diejenigen, die mit Bus oder Bahn zur Arbeit fahren müssten. Die Regelungen gelten bis zum 11. April.
Versammlungsverbot in den Niederlanden bis zum Juni
In den Niederlanden verlängerte die Regierung das Versammlungsverbot bis 1. Juni. Sollte das Verbot nicht eingehalten werden, werde eine Ausgangssperre verhängt, warnte Ministerpräsident Mark Rutte - und fügte an: "Ich hoffe, das ist nicht notwendig." Ursprünglich sollte das Versammlungsverbot am 6. April enden.
In den niederländischen Läden und im öffentlichen Nahverkehr müssen nun außerdem Maßnahmen ergriffen werden, um einen Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Menschen zu gewährleisten. Anfang des Monats hatte die niederländische Regierung nur Versammlungen von mehr als 100 Menschen verboten, inzwischen sind sämtliche Versammlungen untersagt.
Maßnahmen in Dänemark bis Ostermontag
Dänemark verlängert all seine Maßnahmen im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus bis einschließlich Ostern. Alle ergriffenen Initiativen gelten nun vorerst bis zum 13. April, dem Ostermontag, sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen gestern auf einer Pressekonferenz.
Seit dem Beginn der Maßnahmen vor fast zwei Wochen sei es den Dänen geglückt, ihr Verhalten zu verändern. "Wir halten Abstand, und wir bleiben zu Hause", sagte Frederiksen. Das müsse auch an Ostern gelten, so schwer das gerade für Familien sei. In Dänemark sind unter anderem Schulen, Kindergärten, Restaurants, Cafés, Theater sowie weitere Freizeiteinrichtungen wie Fitnessstudios und Sonnenzentren geschlossen worden. Es gilt ein Versammlungsverbot für mehr als zehn Personen.
Seit dem 14. März sind auch die Grenzen nach Deutschland, Schweden und Norwegen für Touristen und andere Ausländer ohne triftigen Grund zur Einreise dicht - eine Maßnahme, die bereits zuvor bis einschließlich Ostern gegolten hatte.
Umstrittene Zwangs-Quarantäne in Litauen
In Litauen müssen auf Anordnung von Gesundheitsminister Aurelijus Veryga ab sofort alle Menschen in Quarantäne, die aus dem Ausland zurückkehren. Unabhängig davon, ob bei ihnen eine Corona-Infektion festgestellt wurde oder nicht, müssen sich die Rückkehrer von nun an für zwei Wochen in einer kommunalen Einrichtung isolieren. Eine Selbstisolation zu Hause ist nicht mehr möglich.
Städte und Gemeinde sind der Anordnung zufolge angewiesen, geeignete Räumlichkeiten bereitzustellen und die Isolierten mit Lebensmitteln zu versorgen. Doch das stößt auf massive Kritik: Die Maßnahme werde den Kampf gegen die Corona-Pandemie erheblich behindern, kritisierte der Bürgermeister der Hauptstadt Vilnius, Remigijus Simasius. Besonders die angeordnete Unterbringung von Patienten mit milden Symptomen führe zu einer Verschwendung von administrativen und medizinischen Ressourcen. Auch werde die Maßnahme Menschen dazu veranlassen, sich nicht auf das Virus testen zu lassen, schrieb Simasius auf Facebook.