Treffen der europäischen Gesundheitsminister Deutschland verteidigt Vorgehen in der EHEC-Krise
Deutschland hat sich beim EU-Gesundheitsminister-Treffen herbe Kritik über das Vorgehen in Sachen EHEC anhören müssen. Spanien beschwerte sich, dass Bauern unbegründet geschädigt wurden. Staatssekretärin Widmann-Mauz verteidigte das deutsche Vorgehen als "richtig".
Beim Treffen der europäischen Gesundheitsminister in Luxemburg hat Deutschland das eigene Vorgehen in der EHEC-Krise verteidigt. "Wir hatten den Verdacht, und deshalb war es richtig, die entsprechenden Verzehrempfehlungen zu geben", sagte Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz in Luxemburg mit Blick auf die Warnungen vor rohen Gurken, Tomaten und Salat. "Das sind wir den Menschen wirklich schuldig." Widmann-Mauz vertrat Gesundheitsminister Daniel Bahr.
Spaniens Gesundheitsministerin Leire Pajin übte hingegen scharfe Kritik am deutschen Vorgehen. Es habe - unbegründet - die eigenen Bauern geschädigt. "Wir wollen unseren Unmut darüber ausdrücken, wie diese Krise behandelt worden ist. Das hat die Interessen unseres Landes beschädigt", sagte Pajin. "Wir fordern natürlich Entschädigungen für den gravierenden und bleibenden Schaden, den Spanien erlitten hat." Entgegen erster Annahmen waren spanische Gurken nicht mit dem EHEC-Keim belastet, der die schweren Krankheitsverläufe verursacht hat. Spanische Bauernverbände hatten die Verluste für Landwirte auf 200 Millionen Euro pro Woche beziffert. Pajin stellte auch Forderungen an die EU-Kommission: Sie müsse das Warnsystem für Lebensmittel verbessern.
Italien fordert bessere Kontrollen
Italien sprach sich für bessere Kontrollen bei europäischen Biobetrieben aus, wie ein EU-Diplomat am Rande des Treffens berichtete. Konkrete Vorschläge seien aber nicht gemacht worden, hieß es. Von einigen Ländern, darunter Spanien, sei kritisiert worden, dass die wissenschaftliche Basis der Informationen aus Deutschland nicht ausreichend gewesen sei. Andererseits hätten deutsche Behörden die EU-Länder nicht schnell genug über neue Entwicklungen informiert. Luxemburg stellte sich dagegen mit klaren Worten hinter Deutschland: Die menschliche Sicherheit gehe vor, sagte Gesundheitsminister Mars di Bartolomeo laut einem EU-Diplomaten. Wirtschaftliche Verluste könnten - anders als menschliche - ausgeglichen werden.
Das Fazit von EU-Gesundheitskommissar John Dalli nach der 45-minütigen EHEC-Runde: "Die eigentliche Frage ist, wo man die Grenze ziehen soll." Die Fakten müssten vor einer Warnung aber so eindeutig wie möglich sein. Deutschland blieb bei seiner Linie: Der Erreger sei "derart aggressiv" und die Häufung der Fälle in Norddeutschland so massiv, "dass wir jeder Ursache und jeder Spur nachgehen mussten", sagte Widmann-Mauz. Sie sprach von einem "vorbeugenden Gesundheitsschutz". Deutschland müsse in der Lage sein, Entscheidungen zum Schutz der eigenen Bevölkerung zu treffen.
Etwa 100 nachgewiesene Erkrankungen in elf Ländern
EU-Experten nahmen unterdessen ihre Arbeit in Deutschland auf, um bei der Suche nach der Infektionsquelle zu helfen. Außerhalb Deutschlands gibt es in Europa bisher etwa 100 nachgewiesene EHEC-Fälle in elf Ländern. In allen Fällen bis auf einen gibt es nach Informationen des Europabüros der Weltgesundheitsorganisation Verbindungen nach Deutschland.
Am Dienstag wollen die EU-Agrarminister bei einem Sondertreffen in Luxemburg über Hilfen für Bauern entscheiden. "Wir hoffen, dass wir eine grundsätzliche Einigung finden können", sagte der Sprecher von EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos. Details müssten dann aber noch ausgearbeitet werden. An dem Treffen will auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner teilnehmen.