Hilfsgelder gemäß Flüchtlingsabkommen EU kontert Erdogans Zahlenspiele
Der türkische Präsident Erdogan hat der EU im ARD-Interview vorgeworfen, erst ein bis zwei Millionen Euro Hilfsgelder aus dem Flüchtlingsabkommen ausgezahlt zu haben. EU-Kommissionssprecher Schinas reagierte empört und nannte völlig andere Zahlen.
"Einfach nicht wahr" nennt Kommissions-Chefsprecher Margaritis Schinas die Vorwürfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Erdogan hatte gestern im exklusiven ARD-Interview behauptet, die EU würde ihren Verpflichtungen aus dem Flüchtlingsdeal nicht nachkommen. So seien bisher nur symbolische Summen nach Ankara geflossen - Erdogan sprach von ein bis zwei Millionen Euro an Hilfsgeldern. Das vereinbarte Gesamtpaket der Hilfen beträgt hingegen drei Milliarden Euro für die Jahre 2016 und 2017.
"Cirka 740 Millionen Euro sind schon zugewiesen worden", erläutert Schinas. "Zudem ist die Kommission dabei, ein spezielles Maßnahmenpaket in Höhe von 1,4 Milliarden Euro zu verabschieden. Das Geld ist für die Flüchtlinge und ihre Unterbringungen. Bis zum Ende des Monats werden damit insgesamt 2,15 Milliarden Euro bereitgestellt sein. Das beweist, dass wir uns an die Vereinbarung halten."
Bislang 105 Millionen Euro ausgezahlt
Bereitgestellt heißt aber nicht ausgezahlt. Der Anteil des tatsächlich ausgezahlten Geldes ist nämlich deutlich geringer: Nach Kommissionsangaben beträgt er bisher 105 Millionen Euro.
Der Großteil des Geldes geht allerdings nicht an die türkische Regierung, sondern an internationale Hilfsorganisationen wie UNICEF, Ärzte ohne Grenzen oder das Welternährungsprogramm. Und die Mittel sind an konkrete Projekte geknüpft - beispielsweise Nahrungsmittel- und Gesundheitsversorgung.
"Finanzierung für Flüchtlinge, nicht für die Regierung"
Diese zweckgebundene Verwendung sei für die Kommission ganz entscheidend, erläutert Schinas. "Die Finanzierung von Einrichtungen in der Türkei unterstützt Flüchtlinge in der Türkei", sagt der Kommissionssprecher. "Es ist eine Finanzierung für Flüchtlinge und ihre Unterbringung und nicht für die Türkei und die Regierung."
Erdogan sieht das anders: Er würde das EU-Geld gerne selber verteilen. In der Praxis bedeutet das: Die EU und die Türkei müssen sich auf gemeinsame Projekte verständigen. Das kostet Zeit. Bei der Umsetzung des Flüchtlingsdeals zwischen der EU und der Türkei wächst der Unmut auf beiden Seiten. Jetzt rächt sich, dass bei den Verhandlungen im März zum Beispiel Fragen der Finanzierung oder des Flüchtlingstauschs nicht bis ins letzte Detail geklärt wurden.