Festnahmen und Razzia in Zürich Doppelschlag gegen die FIFA
Am Freitag will die FIFA ihren Präsidenten wählen, doch kurz davor versinkt der Weltfußballverband im Chaos: Wegen möglicher Korruption bei den WM-Vergaben 2018 und 2022 ermittelt die Schweizer Staatsanwaltschaft , das FIFA-Hauptquartier wurde durchsucht. Doch damit nicht genug: Mehrere Funktionäre des Weltfußballverbands wurden auf Betreiben von US-Behörden festgenommen.
Die Schweizer Staatsanwaltschaft hat rund um die Vergaben der Fußball-Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar ein Strafverfahren eröffnet. In dem Zusammenhang seien im Hauptquartier des Fußball-Weltverbandes FIFA in Zürich elektronische Daten und Dokumente sichergestellt worden, teilte die Behörde mit.
Es bestehe der Verdacht auf "ungetreue Geschäftsbesorgung" sowie Geldwäsche, hieß es in einer Erklärung. Die Ermittlungen würden nicht gegen konkrete Personen laufen. Die FIFA hatte am 18. November 2014 Strafanzeige gegen unbekannt bei der Bundesanwaltschaft eingereicht. Das Schweizer Verfahren richtet sich entsprechend gegen unbekannte Täterschaft, wobei die Institution FIFA als Geschädigte in diesem Verfahren auftritt.
"Die heute sichergestellten elektronischen Daten und Akten sowie die erhobenen Bankunterlagen dienen sowohl dem Schweizer Strafverfahren als auch ausländischen Strafverfahren", teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Festnahmen auf US-Betreiben
Am selben Tag nahm die Schweizer Polizei auf Antrag der USA in Zürich mehrere FIFA-Spitzenfunktionäre fest. Einen Zusammenhang zwischen beiden Vorgängen gibt es laut der Schweizer Behörden aber nicht. Ein Polizeisprecher bestätigte, dass sieben Spitzenfunktionäre in einem Hotel in Zürich festgenommen worden seien.
Sie werden demnach "von den US-Behörden verdächtigt, Bestechungsgelder in Höhe von über 100 Millionen Dollar angenommen zu haben". Das Geld sei von Sportmedien- und Sportvermarktungsunternehmen gezahlt worden. Als Gegenleistung hätten diese Unternehmen Medien-, Vermarktungs- und Sponsoringrechte an Fußball-Turnieren in den USA und in Lateinamerika erhalten.
Die US-Ermittler werfen den Funktionären unter anderem Geldwäsche, Erpressung und Betrug in den vergangenen beiden Jahrzehnten vor, erklärte ein Schweizer Behördensprecher. Gleichzeitig ließen Ermittler bei verschiedenen Banken in der Schweiz Konten sperren, über welche die Bestechungsgelder geflossen sein sollen.
Unter den Festgenommenen befinden sich laut dem US-Justizministerium FIFA-Vizepräsident Jeffrey Webb sowie ein weiterer Vizepräsident. Insgesamt liefen Verfahren gegen neun Vertreter des Fußballverbands. Außerdem sei gegen fünf Vertreter des Sportmarketings Anklage erhoben worden.
US-Justizministerin will Korruption rigoros bekämpfen
Auf einer Pressekonferenz sprach US-Justizministerin Loretta Lynch von Korruption bei der FIFA seit mindestens 24 Jahren: "Sie haben das weltweite Fußballgeschäft korrumpiert, um sich selbst zu bereichern. Sie haben es immer und immer wieder gemacht. Jahr um Jahr, Turnier um Turnier", sagte Lynch. Sie kündigte an, die Korruption im Weltfußball rigoros bekämpfen zu wollen.
Lynch forderte die Festnahme weiterer Verdächtiger. Ob auch FIFA-Präsident Sepp Blatter Ziel der US-Ermittlungen sei, wollte sie nicht beantworten. Sie erklärte lediglich, zum gegenwärtigen Zeitpunkt werde Blatter nichts vorgeworfen. Lynch sagte, es gebe bei der FIFA noch einen großen Aufklärungsbedarf. Es sei aber nicht Ziel des Ministeriums, die 2018 und 2022 in Russland und Katar geplanten Fußballweltmeisterschaften zu verhindern.
FIFA-Wahl soll stattfinden
Die FIFA begrüßte die Maßnahmen der Behörden im Zusammenhang mit den WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 generell. Allerdings räumte Kommunikationschef Walter de Gregorio bei einer Pressekonferenz am Sitz der FIFA in Zürich ein: "Das Timing ist nicht das beste: Die Eröffnung des Strafverfahrens gleichzeitig mit dem FIFA-Kongress." Dieser beginnt an diesem Donnerstag und wird auch wie geplant mit der Wahl des FIFA-Präsidenten am Freitag fortgesetzt. Von Blatter gab es zunächst keine direkte Reaktion, allerdings sagte de Gregorio: "Er tanzt natürlich nicht in seinem Büro."
Das Erste zeigt heute um 20:15 Uhr einen Brennpunkt zum Thema: FIFA - Weltfußball unter Anklage