EU-Afrika-Gipfel zur Flüchtlingskrise Das Prinzip "Mehr für mehr"
Mehr Zusammenarbeit bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber und mehr Geld für die Bekämpfung der Fluchtursachen. Das sind zwei zentrale Themen des heute beginnenden EU-Afrika-Gipfels. Doch die EU-Strategie ist umstritten.
Wie kann die Zahl afrikanischer Flüchtlinge reduziert werden, die sich auf den Weg nach Europa machen? Das ist wohl die Frage, die die Europäer am meisten interessiert. Zunächst müsse die illegale Migration in den Griff bekommen werden, fordert EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos. Und zwar, indem man kriminelle Schleuser wirksamer bekämpft. Viele Schlepperbanden sitzen in Nordafrika. Sie organisieren Fahrten über Land in Richtung Türkei und Griechenland. Oder lebensgefährliche Bootstouren übers Mittelmeer nach Italien.
Beim Gipfel auf Malta sitzen Europäer und Afrikaner an einem Tisch. Sie wollen sich auf einen gemeinsamen Plan einigen, der bis Ende nächsten Jahres verwirklicht werden soll. In diesem Plan will die EU festhalten, dass sie afrikanische Migranten, die kein Asylrecht in Europa haben, in Zukunft schneller in ihre Heimatländer abschieben kann. Mit einigen afrikanischen Staaten gibt es zwar Vereinbarungen zur Rückübernahme. Doch viele funktionieren in der Praxis nicht. Nur etwa 20 Prozent aller Flüchtlinge, die zur Rückkehr nach Afrika aufgefordert werden, verlassen Europa auch tatsächlich. EU-Migrationskommissar Avramopoulos geht davon aus, dass eine stärkere Zusammenarbeit bei den Abschiebungen ein Ergebnis des Gipfels auf Malta sein wird.
EU-Kommissar Avramopoulos erwartet eine Einigung auf mehr Zusammenarbeit bei Abschiebungen.
Breit gestreute Entwicklungshilfe
Damit es weniger Gründe für die Flucht von Afrikanern nach Europa gibt, will die EU die Situation in ihren Heimatländern verbessern. Mit breit gestreuter Entwicklungshilfe: Geld soll in die Wirtschaft, in Bildung, Gesundheit und Umwelt investiert werden. Vor allem in den ländlichen Regionen.
"Ich denke schon, dass wir hierbei konkret einen Dialog mit den afrikanischen Staaten führen können und müssen. Wie zum Beispiel bei der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, die in den afrikanischen Ländern die höchste in der Welt ist", sagt Arne Lietz, SPD-Europaabgeordneter.
Hilfsfonds für Afrika
Bezahlt werden soll das Ganze durch einen europäischen Hilfsfonds für Afrika, in dem sich bereits 1,8 Milliarden Euro befinden. Noch einmal so viel sollen die EU-Länder dazu geben, bislang allerdings haben das erst wenige getan.
Kritiker warnen davor, dass das Geld versickert, denn in vielen afrikanischen Ländern ist Korruption ein großes Problem. Und sie finden es zynisch, dass Entwicklungshilfe ganz gezielt eingesetzt werden soll, um Afrikaner von der Flucht nach Europa abzuhalten. Nach dem Prinzip "Mehr-für-mehr": Kooperationsbereitschaft in der Flüchtlingsfrage wird durch mehr Entwicklungs- und Wirtschaftshilfe belohnt.
Darüber hinaus sehen Menschenrechtler ein großes Problem darin, afrikanische Diktatoren zu unterstützen, zum Beispiel am Horn von Afrika, in Eritrea oder dem Sudan, von wo aus sich viele Migranten auf den Weg nach Europa machen. Oft sind die zweifelhaften Regierungen dort selbst der Fluchtgrund.
EU steht unter Druck
Doch die EU steht in der Flüchtlingskrise unter Druck. Sie muss handeln. "Wir werden den Flüchtlingsansturm ohne die Herkunfts- und Transitländer nicht in den Griff bekommen", sagt Migrationskommissar Avramopoulos.
Damit Afrika ein wenig aufatmen könnte, müsste auch die EU etwas ändern - zum Beispiel ihre Handelspolitik. Durch den Export von Billiggeflügel, das Leerfischen des Atlantiks vor der Küste Westafrikas, das Ausbeuten von Rohstoffen - durch all das schwächen europäische Unternehmen den afrikanischen Markt. Ein heikles Thema, das beim EU-Afrika-Gipfel auf Malta nicht auf der Tagesordnung steht.