Deutsch-türkischer Streit verschärft sich Türkei stellt Merkel Ultimatum
Im Streit um einen möglichen EU-Beitritt der Türkei wird der Ton schärfer. Der zuständige türkische Minister Bagis forderte Kanzlerin Merkel auf, ihr Nein zu einer Ausweitung der Beitrittsverhandlungen bis Montag zurückzunehmen - und drohte mit Folgen.
Der türkische Minister für europäische Angelegenheiten, Egemen Bagis, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Ultimatum gesetzt, ihre Vorbehalte gegen einen EU-Beitritt der Türkei aufzugeben. Er hoffe, dass Merkel ihren Fehler bis Montag korrigieren werde, sagte er vor Journalisten - und schob noch eine Drohung hinterher: Andernfalls werde das Folgen haben.
Ursprünglich sollte am kommenden Mittwoch erstmals seit drei Jahren wieder ein neues Kapitel in den Beitrittsgesprächen mit der Türkei eröffnet werden. Doch Deutschland und die Niederlande sprachen sich dagegen aus, die Entscheidung muss aber einstimmig getroffen werden.
Kritik an gewaltsamem Vorgehen gegen Demonstranten
Hintergrund der jüngsten Vorbehalte ist das gewaltsame Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten in der Türkei, die gegen die Regierung protestieren. Merkel hatte Anfang der Woche kritisiert, die Sicherheitskräfte in Istanbul seien "viel zu hart vorgegangen". Sie sagte: "Das, was im Augenblick in der Türkei passiert, entspricht nicht unseren Vorstellungen von Freiheit der Demonstration, der Meinungsäußerung."
Mit der Drohung des türkischen Ministers verschärft sich der diplomatische Konflikt zwischen Deutschland und der Türkei weiter. Zuvor hatte Bagis Merkel bereits gewarnt, aus dem EU-Beitritt der Türkei ein Wahlkampfthema für die Bundestagswahl zu machen. "Wer sich mit der Türkei anlegt, wird kein glückliches Ende nehmen", wird er zitiert, mit Verweis auf die Wahlniederlage von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy.
Botschafter gegenseitig einbestellt
Aus Protest gegen diese Kritik bestellte das Auswärtige Amt in Berlin den türkische Botschafter in Deutschland ein. Die Äußerungen von offizieller türkischer Seite hätten in Berlin "großes Unverständnis ausgelöst", sagte Andreas Peschke, Sprecher des Auswärtigen Amtes.
Im Gegenzug zitierte die Türkei den deutschen Botschafter in Ankara, Eberhard Pohl, ins Außenministerium. Grund seien Äußerungen Pohls und Kommentare aus Deutschland, berichtet die türkische Nachrichtenagentur Anadolu unter Verweis auf Außenminister Ahmet Davutoglu.
Bemühen um Deeskalation
Beide Seiten bemühten sich jedoch um Deeskalation. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter betonte, Merkel wolle den Beitrittsprozess nicht in Frage stellen. "Es geht nicht um das ob, sondern nur um das wie der Fortführung". Die EU-Länder und die Türkei hätten sich auf die Einhaltung der gleichen Werte verpflichtet. Hierzu gehöre auch das Recht auf freie Meinungsäußerung.