Junckers Pläne zur Flüchtlingsverteilung "Mutig und entschlossen handeln"
"Europa befindet sich in keinem guten Zustand" - deutliche Worte sprach EU-Kommissionpräsident Juncker vor dem EU-Parlament angesichts der Streitigkeiten in der Flüchtlingskrise. Er schlug vor, weitere 120.000 Flüchtlinge innerhalb Europas verpflichtend zu verteilen.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Staaten zum Handeln in der Flüchtlingskrise aufgefordert. "Es ist jetzt nicht an der Zeit, erschrocken da zu stehen", sagte Juncker im EU-Parlamant in Straßburg.
Juncker schlug die Verteilung von weiteren 120.000 Flüchtlingen aus Ungarn, Griechenland und Italien auf andere EU-Staaten vor. "Dies muss getan werden, und dies muss verpflichtend sein". Europa müsse in der Flüchtlingskrise "mutig und entschlossen" handeln, forderte Juncker. Er forderte alle Mitgliedstaaten auf, Solidarität zu zeigen und sich an der Aufnahme von Flüchtlingen zu beteiligen. Die 120.000 kämen zusätzlich zu den bereits im Mai vorgeschlagenen 40.000 Flüchtlingen hinzu.
Die EU-Staaten hätten die Mittel und Möglichkeiten, den Migranten zu helfen. Dies sei "eine Frage der Menschlichkeit und der menschlichen Würde." Juncker verwies darauf, dass Flüchtlinge lediglich 0,11 Prozent der europäischen Bevölkerung ausmachten.
"Es fehlt an Europa, und es fehlt an Union"
Angesichts der Streitigkeiten in der EU resümierte Juncker: "Unsere Europäische Union befindet sich in keinem guten Zustand, obwohl ich nicht zu Pessimismus tendiere. Es fehlt an Europa, und es fehlt an Union", kritisierte er. "Das müssen wir ändern, in einer gemeinsamen Kraftanstrengung", forderte er. In der Frage der Verteilung der Flüchtlinge ist die EU bisher zerstritten, vor allem osteuropäische Staaten wehren sich gegen verbindliche Regeln.
Neue Strafverfahren angekündigt
Juncker kündigt zudem für die kommenden Tage eine Reihe neuer Vertragsverletzungsverfahren gegen EU-Staaten wegen Verstößen gegen das EU-Asylrecht an. "In Europa haben wir gemeinsame Standards für die Aufnahme von Flüchtlingen. Aber diese Standards müssen in ihrer vollen Gänze umgesetzt werden, und das ist eindeutig nicht der Fall", kritisiert er. Die EU-Kommission hatte bereits Anfang des Monats entsprechende Schritte angedroht. Es gehe unter anderem um die Einhaltung der Richtlinien zu Aufnahmebedingungen und Fingerabdrücken, hieß es damals.
Erinnerungen an Flüchtlingsströme
Der Kommissionpräsident erinnerte in seiner Rede auch an die Flüchtlingsströme, die verschiedene Länder in den vergangenen Jahrhunderten erlebt haben, unter anderem nach dem Aufstand in Ungarn 1956 und dem Prager Frühling 1968: "Wir in Europa sollten niemals vergessen, dass das Grundrecht auf Asyl einer der wichtigsten europäischen und internationalen Werte ist."
Die Flüchtlingspolitik ist auch ein zentrales Thema bei der Fortsetzung der Debatte des Bundestages über den Etat 2016 sein.