Populisten in der EU Gemeinsame Alleingänge im Migrationsstreit
In der EU schließen sich einzelne Regierungen zu neuen Bündnissen zusammen. Sie wollen Alleingänge in der Migrationspolitik starten. Meist sind Populisten in diesen Regierungen an der Macht.
Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Politiker, die Europa gegen Migranten abschotten wollten, in der Minderheit. Oder sie wagten es nicht, diese Haltung in der Öffentlichkeit preiszugeben. Diese Zeiten sind offenbar vorbei.
Was in Osteuropa zum Beispiel unter den populistischen und rechtskonservativen Regierungen in Polen und Ungarn schon länger praktiziert wird, wurde nun auch in Mitteleuropa mehrheitsfähig - und dadurch salonfähig. Das ist spätestens nach den Wahlerfolgen der Rechtspopulisten in Italien und Österreich der Fall.
Österreichs Kanzler Kurz und Innenminister Seehofer. Der CSU-Politiker hat sich Unterstützung bei den Europäern geholt, die nicht auf Europa warten wollen.
Kurz fordert "Achse der Willigen"
Genau diese Länder schließen sich nun zu einem neuen Bündnis zusammen. Das sagte der konservative österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz. "Unserer Meinung nach braucht es im Kampf gegen illegale Migration eine Achse der Willigen", so der Bundeskanzler. Seine Worte klingen, als hätte er sie aus der Kriegsrhetorik des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush entliehen. Bush und die damalige US-Regierung benutzten die Worte "Koalition der Willingen" und "Achse des Bösen" zu Beginn des Angriffs auf den Irak im Jahr 2003.
Im neuen, europäischen Bündnis geht es allerdings vielmehr um Grenzschutz und Abschiebungen. Die italienischen Grenzen müssten wie europäische Außengrenzen geschützt werden, forderte der italienische Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Partei Lega. An die Seite des rechtspopulistischen Salvini und des konservativen Österreichers Kurz, der in Österreich mit der rechtspopulistischen FPÖ regiert, stellt sich nun Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU.
Seehofer im Widerspruch zu Merkel
Seehofer hat sich Unterstützung bei den Europäern geholt, die nicht auf Europa warten wollen, sondern einzelstaatliche Lösungen anstreben. Er steht damit im Widerspruch zu Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie ist gegen Einzelbündnisse und fordert eine europäische Lösung für die Flüchtlingsproblematik.
Die "Achse der Willigen" sei eine regionale Kooperation zwischen Rom, Berlin und Wien, sagte Kurz zuletzt. Im Kern solle es darum gehen, auch die Landesgrenzen so zu kontrollieren, dass illegale Migration nach Mitteleuropa verhindert wird. "Menschen, die in Italien ankommen, ziehen im Regelfall weiter über den Brenner nach Österreich", so der österreichische Kanzler. "Diejenigen, die nicht ihren Asylantrag bei uns stellen, ziehen dann weiter nach Deutschland, und insofern ist eine Zusammenarbeit auf regionaler Ebene durchaus sinnvoll.“
Der dänische Ministerpräsident Rasmussen will abgewiesene Asylbewerber an einem "nicht sonderlich attraktiven" Ort außerhalb seines Landes unterbringen.
Eine Art extraterritoriales "Ankerzentrum"
Der Streit über die Migrationspolitik hat darüber hinaus noch ein weiteres Bündnis in Europa entstehen lassen. Es wird ebenfalls von Österreich vorangetrieben. Partner ist Dänemark. Der dänische Regierungschef Lars Løkke Rasmussen hatte vor einigen Tagen gesagt, er wolle abgewiesene Asylbewerber an einem "nicht sonderlich attraktiven" Ort außerhalb seines Landes unterbringen.
Es geht darum, eine Art extraterritoriales "Ankerzentrum" einzurichten. Kanzler Kurz sagt, er habe schon vor längerer Zeit vorgeschlagen, dass es sinnvoll wäre, Menschen auch Schutz außerhalb der Europäischen Union zu bieten. "Wo sie Schutz bekommen, wenn es notwendig ist", so Kurz. Sie sollten aber "eben nicht die Möglichkeit haben, sich das beste System in Europa auszusuchen".
Nun rächt sich, dass sich die Europäische Union bislang noch nicht auf eine gemeinsame Lösung in der Migrationspolitik einigen konnte. Einzelne Regierungen schließen sich zu neuen Bündnissen zusammen und wollen Alleingänge starten. Auffallend dabei ist, dass in den meisten dieser Regierungen Populisten an der Macht sind.