Fall "Diciotti" EU will sich nicht erpressen lassen
Während erste Flüchtlinge auf der "Diciotti" in den Hungerstreik getreten sind, hat die EU auf die Drohung aus Italien reagiert: "Unkonstruktive Kommentare" seien keine Lösung, hieß es aus Brüssel.
Die Europäische Kommission will sich im Streit über die Aufnahme von gestrandeten Flüchtlingen nicht von der italienischen Regierung erpressen lassen. Ein Kommissionssprecher wies die Drohung des italienischen Vize-Regierungschefs Luigi Di Maio scharf zurück, im kommenden Jahr den italienischen Beitrag zum EU-Haushalt nicht zu überweisen. "Unkonstruktive Kommentare oder Drohungen bringen uns einer Lösung keinen Schritt näher", sagte Kommissionssprecher Alexander Winterstein.
Di Maio hatte den Zahlungsstopp für den Fall angekündigt, dass andere Länder sich nicht zur Aufnahme von rund 150 Flüchtlingen bereit erklärten, die von der italienischen Küstenwache aus dem Mittelmeer gerettet wurden. "Die sanfte Linie funktioniert nicht, die harte Linie wird sein, Finanzmittel zurückzuhalten, wenn sie nicht zuhören", sagte Di Maio.
Italien hat der Europäischen Union mit einem Zahlungsstopp gedroht, sollte es keine rasche Einigung auf eine Übernahme der Flüchtlinge auf dem italienischen Schiff "Diciotti" durch die EU-Partner geben. Wenn beim Treffen der Europäischen Kommission nichts zur Verteilung der Migranten von der "Diciotti" herauskommt, dann werde er nicht bereit sein, jedes Jahr 20 Milliarden Euro an die EU zu zahlen, sagte Vize-Regierungschef Luigi Di Maio in einem auf Facebook verbreiteten Video. Di Maio ist Vorsitzender der populistischen 5-Sterne-Bewegung, die zusammen mit der ausländerfeindlichen und weit rechts stehenden Lega die Regierung bildet.
Die Bundesregierung bekräftigte unterdessen die Bereitschaft zur Hilfe. Besonders stark belastete Länder wie Italien dürften nicht im Stich gelassen werden, sagte eine Regierungssprecherin.
Am Nachmittag waren mehrere EU-Staaten in Brüssel zusammengekommen, um über die Verteilung geretteter Migranten zu beratschlagen. Bei dem Treffen gab es keine Einigung über eine mögliche Verteilung der Flüchtlinge von dem Schiff.
Einige Bootsflüchtlinge sind im Hungerstreik
Der Streit entzündete sich an der Verteilung von 177 von der Küstenwache geretteten Menschen, die seit mehreren Tagen auf dem Küstenwachen-Schiff "Diciotti" festsitzen. Die italienische Regierung sperrt sich dagegen, dass die Menschen an Land kommen dürfen. Nachdem die Minderjährigen das Schiff im Hafen der sizilianischen Stadt Catania verlassen durften, sitzen dort noch rund 150 Menschen fest.
Minderjährige durften das Schiff "Diciotti" verlassen, aber rund 150 Menschen sitzen noch an Bord fest.
Inzwischen ist ein Teil der Bootsflüchtlinge, die an Bord des Schiffs festsitzen, in den Hungerstreik getreten. Damit wollen sie gegen die italienischen Behörden protestieren, die ihnen verboten haben, an Land zu gehen.
Nach Angaben des italienischen Rundfunks ist die Lage an Bord der "Diciotti" so angespannt, dass die Küstenwache Solidaritätsbesuche bei den 150 Migranten an Bord zeitweise aus Sicherheitsgründen untersagte. Berichten zufolge leiden viele an Krätze und mussten tagelang an Deck bei schweren Regenfällen unter Plastikplanen ausharren.