Juncker zum Flüchtlingsstreit "Das muss Europa schaffen"
Der erste Tag des EU-Gipfels war geprägt von demonstrativer Einigkeit. Das Thema mit dem größten Konfliktpotential stand aber erst heute auf der Agenda: die Umverteilung von 160.000 Flüchtlingen. EU-Kommissionschef Juncker äußerte sich im Vorfeld pessimistisch.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat sich beim EU-Gipfel in Brüssel pessimistisch über den ungelösten Streit um die Umverteilung von Flüchtlingen geäußert. Er mache sich keine "allzu große Hoffnungen" auf ein Einlenken der Umverteilungsgegner, sagte Juncker mit Blick auf Länder wie Ungarn, Polen und Tschechien. Man werde aber nicht aufgeben. "160.000 Leute in Europa umzuverteilen, das sind 0,035 Prozent der Gesamtbevölkerung Europas. Das muss Europa schaffen", sagte Juncker.
In den geplanten Schlussfolgerungen für den Gipfel wird die Verteilungsfrage nun nicht explizit angesprochen. Dort heißt es lediglich, die durch den Streit verzögerte EU-Asylreform müsse "das richtige Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität" finden. Die EU-Kommission wird nochmals aufgefordert nach "möglichen Lösungen zu suchen, um die Last der Frontlinien-Staaten zu mildern".
Flüchtlingsfrauen im Camp Souda auf der griechischen Insel Chios - die Verteilung von Flüchtlingen in der EU geht nur schleppend voran.
Daneben beraten die Staats- und Regierungschefs über die Lage auf der Route über das Mittelmeer nach Italien. Laut Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR kamen dort in diesem Jahr bereits 71.000 Menschen an, die meisten über Libyen. Im Entwurf der Gipfelerklärung wird die von der EU begonnene Ausbildung der libyschen Küstenwache als "Schlüsselelement" bezeichnet.
"Dieser Schritt reicht nicht aus"
Zu den Brexit-Verhandlungen äußerte sich Kommissionspräsident Juncker ebenfalls kritisch. Die Frage, ob er mittlerweile wisse, was die Regierung in London erreichen wolle, beantwortete er mit einem klaren "Nein". Zum Angebot der britischen Premierministerin Theresa May zu den Rechten von EU-Ausländern in Großbritannien nach dem Brexit sagte er: "Das ist ein Schritt, aber dieser Schritt reicht nicht aus." Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Ausführungen Mays am Donnerstag als guten Anfang bezeichnet. Es seien aber noch viele Fragen zu klären.
May hatte den Staats- und Regierungschefs der verbleibenden EU-Staaten am Donnerstag vorgeschlagen, wie nach dem Brexit die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien gesichert werden könnten. Wer derzeit rechtmäßig im Vereinigten Königreich lebt, soll demnach nicht gezwungen werden, das Land zu verlassen.
Merkel und Macron geben gemeinsame Pressekonferenz
Zum Ende des Gipfels demonstrierten Kanzlerin Merkel und der französische Präsident Macron Einigkeit und gaben eine gemeinsame Pressekonferenz. Normalerweise geben die Kanzlerin und der französische Präsident getrennte Pressekonferenzen. Bereits am Donnerstag hatte Macron gesagt, Frankreich und Deutschland arbeiteten "Hand in Hand".
Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Macron schreiten zur gemeinsamen Pressekonferenz.