Nach Wahl in Großbritannien "Die Zeit für den Brexit läuft"
Nach dem unklaren Wahlausgang in Großbritannien fürchtet die EU eine Verzögerung der Brexit-Verhandlungen. EU-Chefunterhändler Barnier erklärte, diese "sollten beginnen, wenn das Vereinigte Königreich bereit ist". Ratspräsident Tusk warnte vor einem Scheitern der Verhandlungen.
Der Start der Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien hängt für den EU-Chefunterhändler Michel Barnier nach den vorgezogenen Unterhauswahlen von der innenpolitischen Entwicklung ab. Die Austrittsgespräche "sollten beginnen, wenn das Vereinigte Königreich bereit ist", erklärte Barnier. Der Zeitplan und die Positionen der EU seien klar.
Eigentlich sollen die Austrittsverhandlungen am 19. Juni beginnen. Das "Datum des Verhandlungsstarts ist jetzt unsicher", schrieb der deutsche Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, auf Twitter. Großbritannien brauche jetzt "schnell eine handlungsfähige Regierung". Denn "die Zeit für den Brexit läuft".
Tusk: "Wir wissen, wann die Brexit-Gespräche enden müssen"
EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte gar vor einem Scheitern der Brexit-Verhandlungen. "Tun Sie Ihr Bestes, um einen 'no deal' (...) zu verhindern", twitterte Tusk. Mit Blick auf das geplante Brexit-Datum am 29. März 2019 schreibt er: "Wir wissen nicht, wann die Brexit-Gespräche beginnen, aber wir wissen, wann sie enden müssen."
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker forderte Großbritannien auf, so schnell wie möglich mit den Verhandlungen über den Brexit zu beginnen. Die EU sei bereit und könne die Gespräche "morgen Vormittag um halb zehn" starten, sagte Juncker. Es dürfe "keine weitere Verzögerung beim Abschluss dieser Verhandlungen" geben.
Nach dem EU-Vertrag ist Großbritannien noch bis zum 29. März 2019 EU-Mitglied. Barnier hat bereits klargemacht, dass ein Austrittsvertrag bis November 2018 fertig ausgehandelt werden muss, um ihn rechtzeitig durch die Parlamente ratifizieren zu lassen. Eine Verlängerung dieser Frist wäre kompliziert: Die britische Regierung müsste die Verlängerung beantragen; danach müssten dann alle anderen 27 EU-Mitgliedstaaten zustimmen.
Kritik an May aus Deutschland
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat die Briten zu einer Überprüfung ihrer Strategie zum EU-Austritt aufgefordert. Sie sollten überlegen, ob es gut sei, auf diese Art und Weise aus der EU auszutreten, sagte er in Wolfenbüttel. "Ich finde, die britischen Bürger haben gezeigt, dass sie nicht mit sich spielen lassen wollen", sagte er zum gescheiterten Versuch von May, sich durch Neuwahlen mehr Rückendeckung für ihre Brexit-Verhandlungen zu verschaffen.
SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz wertete das Wahlergebnis als "eine krachende Niederlage" für die konservative britische Premierministerin. "Ich hoffe, dass der harte anti-europäische Kurs, für den May stand, ein Ende haben wird." Er gratulierte dem oppositionellen Labour-Chef Jeremy Corbyn zu seinem Wahlerfolg. In einem Telefonat habe er mit Corbyn zudem ein baldiges Treffen vereinbart.