Streit zwischen Polen und EU "Ich werde nicht auf Knien rutschen"
In Anwesenheit der polnischen Regierungschefin Szydlo debattiert das EU-Parlament über den umstrittenen Kurs der Regierung in Warschau. Wegen der neuen Gesetze im Medien- und Justizbereich hatte die EU-Kommission ein Verfahren gegen das Land eingeleitet.
"Also, dass es klar und deutlich wird, da wette ich drauf", meint der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul. Es könnte also eine emotional aufgeladene Debatte im Europaparlament geben - über die umstrittenen Reformen in Polen. Die Stimmung anheizen könnte die polnische Regierungschefin Beata Szydlo. Kritiker sehen sie als "Erfüllungsgehilfin" von Jaroslaw Kaczynski, dem Chef der nationalkonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit", auf polnisch kurz PiS genannt.
Szydlo hat bereits angekündigt, sie werde nicht auf Knien rutschen. Denen, die die polnische Regierung kritisieren, warf Szydlo Verleumdung vor: "Die polnische Regierung wird alles unternehmen, um die polnische Position zu präsentieren und die unberechtigten Meinungen, die über Polen in den letzten Tagen geäußert wurden, von Lügen zu befreien."
EU-Verfahren gegen Polen
Lügen über Polen? Um herauszufinden, ob die neuen Justiz- und Mediengesetze der polnischen Regierung gegen europäische Grundrechte verstoßen oder nicht, hatte die EU-Kommission vergangene Woche ein Verfahren gestartet. Es gehe allerdings nicht darum, Polen schlecht zu machen, sagte Kommissionschef Juncker.
Mitte März soll es erste Ergebnisse geben. Der Grünen-Europaabgeordnete Rainhard Bütikofer findet das Verfahren, dass es erst seit 2014 gibt, den richtigen Weg: "Deswegen hat man ja das neue Verfahren überhaupt geschaffen, um nicht zwischen Nichtsmachen und mit Eisenbahnschienen draufschlagen, eine Option zu haben, um einen Raum für Gespräche und Diskussionen zu haben."
In einer zweiten Stufe soll dann herausgefunden werden, ob die polnische Regierung die umstrittenen Gesetze ändern oder zurücknehmen muss. Wir suchen den Dialog, sagt Martin Schulz, Chef des Europaparlaments. Doch das sei ziemlich schwierig: "In dem Augenblick, wo man die Partei des Herrn Kaczynski kritisiert, ist die Antwort: Du bist ein Feind Polens."
Harte Worte vom Parlamentspräsidenten
Schulz hatte die umstrittenen Reformen in Polen als "Putinisierung" bezeichnet - und damit für Verärgerung in Polen gesorgt. Es gibt dort aber auch eine aktive Gesellschaft, die sich regierungskritisch äußert, meint der Grünen-Europaabgeordnete Bütikofer: "Wir sollten da Vertrauen haben und die unterstützen. Und das ist auch unsere europäische Aufgabe."
Eine europäische Aufgabe wäre es auch, auf andere EU-Länder zu schauen. Etwa auch Ungarn. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte Ende 2010 mit umstrittenen Gesetzen, die Arbeit von Gerichten und Medien in seinem Land massiv eingeschränkt - und sie später nur teilweise zurückgenommen.
Die SPD-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann fordert deshalb ein staatsrechtliches Verfahren auch gegen die ungarische Regierung: "Ich hielte es auch für richtig, gegenüber Ungarn in diesen Mechanismus zu gehen."
Harte Diskussion erwartet
Doch heute geht es erst einmal um Polen. Die Debatte könnte turbulent werden. Und spannend wird auch, wie sich Sydlo bei ihrem ersten großen Auftritt auf der europäischen Bühne geben wird - kämpferisch oder kompromissbereit.
CDU-Abgeordneter Reul hofft, dass sich alle Beteiligten am Riemen reißen: "Wenn sie klug ist, geht sie sachlich an die Sache ran. Wenn wir klug sind, gehen wir auch sachlich an die Sachen ran. Weil wir müssen eine Lösung finden."