Streit zwischen Polen und EU Gemeinsame Mission "Wogenglättung"
Es war ein Treffen mit dem lauten Ruf nach Annäherung und betont leiser Kritik. EU-Ratspräsident Tusk und Polens Präsident Duda bemühten sich, Ruhe in den Konflikt zwischen EU und dem Mitgliedsstaat zu bringen. Doch die Probleme bleiben.
Bloß jetzt die Debatte nicht mit noch mehr Schärfe versehen - so schien das Motto des Tages von beiden Seiten zu lauten. Der Gastgeber, EU-Ratspräsident Donald Tusk, warnte in der Auseinandersetzung der Europäischen Union mit Polen vor "hysterischen Kommentaren". Damit meine er die Aussagen bestimmter Politiker in Polen, aber auch in anderen EU-Ländern. Zurückhaltung und eine vernünftige Sprache sind die Voraussetzung dafür, dass wir unnötige Verwirrung und unnötige Konflikte vermeiden."
Tusk unterschied sich in seiner Wortwahl stellenweise gar nicht stark von der seines Gastes, des polnischen Staatspräsidenten Duda. "Ich plädiere dafür, die Debatte herunterzukühlen. Ich will, dass sich die Diskussion beruhigt, damit wir einen echten, vernünftigen Dialog führen können, der auf Fakten fußt. Und nicht auf Schöpfungen der Medien, die nichts mit der Realität zu tun haben.“ So drückte es Duda aus. Was gerade in seinem Heimatland seit dem Regierungswechsel passiere, sei nicht weiter außergewöhnlich, fügte er noch hinzu.
"Man hätte kein Verfahren gebraucht"
Das sehen viele in Brüssel anders, vermutlich auch Tusk. Dieser muss sich eine härtere Wortwahl aber schon deshalb verkneifen, weil er selber einst polnischer Ministerpräsident war und ihm sonst unterstellt würde, Parteipolitik zu betreiben. Tusk aber ging sogar so weit, die Entscheidung einer anderen EU-Institution, der Kommission, zu kritisieren. Die hatte erstmals in der EU-Geschichte überhaupt ein Verfahren gestartet - mithilfe dessen sie in den nächsten Wochen prüfen will, inwieweit der Rechtsstaat in Polen gefährdet ist.
"Die EU-Kommission will die Dinge aufklären, sie will Polen nicht demütigen. Aber das hätte man auch mit anderen Mitteln erreichen können. Man hätte nicht dieses Verfahren gebraucht", sagte Tusk zu dieser EU-Entscheidung.
Kein Thema für Gipfeltreffen
Eine durchaus bemerkenswerte Kritik - liegen der Arbeitsplatz von EU-Ratspräsident Tusk und von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Brüssel nur eine Hauptstraße getrennt voneinander. Zwar ließ Tusk durchaus Kritik an der neuen Regierung in Warschau anklingen, vermied jedoch jede Form von Schärfe. Die Situation in Polen zum Thema des nächsten Gipfeltreffens in Brüssel zu machen, zu denen er als Ratspräsident einlädt, hält Tusk zudem für keine gute Idee.
Auch wenn sich beide Seiten - Polens Staatspräsident und die EU - um hörbar sanftere Töne bemühten: Hinweise darauf, dass die neue Regierung in Warschau ihren Kurs zu ändern bereit wäre, gibt es bislang nicht.
Dass der Besuch Dudas bei der NATO - ebenfalls in Brüssel beheimatet - aus politischer Sicht deutlich weniger brisant werden würde, war von vornherein klar. Doch dass es auch hier durchaus umstrittene Themen gibt, die Polen am Herzen liegen, ebenfalls.
Polen will mehr NATO-Streitkräfte im Land
Warschau wünscht sich deutlich mehr NATO-Streitkräfte auf seinem Territorium, weil es sich vor allem von Russland bedroht fühlt. Bis zum nächsten NATO-Gipfel, der im Sommer ausgerechnet in Polen stattfinden soll, will die neue Regierung genau darauf hinarbeiten. Und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg macht Hoffnung: "Ich bin mir sicher, dass wir nach dem Gipfel in Warschau mehr NATO in Polen sehen werden als je zuvor."
Aber auch aus den Worten Stoltenbergs konnte man eine - wenn auch gekonnt versteckte - Mahnung an die neue polnische Regierung heraushören: Zu den Grundwerten der NATO gehörten Demokratie, individuelle Freiheiten und der Rechtsstaat, erklärte Stoltenberg in Anwesenheit seines polnischen Gastes. Ohne jedoch in diesem Zusammenhang Polen direkt zu nennen.