EU-Debatte zu Syrien "Ohne Russland keine Lösung"
Beim Thema Syrien arbeitet die EU an zwei Problemen gleichzeitig: Geschlossenheit demonstrieren und dem Friedensprozess neues Leben einhauchen. Im Mittelpunkt steht dabei der Umgang mit Russland.
Geht es nach der EU, dann schlägt wenige Tage nach den westlichen Luftangriffen in Syrien die große Stunde der Diplomatie: Berlin und Paris werben gemeinsam dafür, dem Friedensprozess für das Bürgerkriegsland neues Leben einzuhauchen. Das unterstrich der deutsche Außenminister Heiko Maas beim EU-Treffen in Luxemburg: "Ob es einem gefällt oder nicht: Ohne Russland wird man diesen Konflikt nicht lösen können."
Der Fahrplan zum Frieden in Syrien, den Maas nun noch einmal beschrieb, ist eigentlich seit geraumer Zeit vorgezeichnet: Waffenstillstand, Zugang für Hilfsorganisationen zur Zivilbevölkerung, Übergangsregierung, eines fernen Tages auch Wahlen - so lauten die Etappen in der Theorie. Doch in der Praxis bewegte sich zuletzt nichts. Wohl auch, weil der syrische Machthaber Bashar al-Assad sich mit Hilfe Russlands militärisch auf der Siegerstraße befindet.
An eine dauerhafte Beilegung des Konflikts mit Assad glaubt der deutsche Außenminister nicht: "Es wird eine Lösung geben, mit allen, die in dieser Region Einfluss haben. Dass jemand, der Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt, Teil dieser Lösung sein kann kann sich wohl niemand vorstellen."
Luftangriffe als Signal
Die EU schloss sich dem französisch-deutschen Friedens-Vorstoß an, indem sie in einer gemeinsamen Erklärung dafür warb, die "Dynamik der gegenwärtigen Situation zu nutzen", wie es wörtlich in dem Text heißt. Für die Europäische Union ist es unerlässlich, nach Außen Geschlossenheit zu demonstrieren, um glaubwürdig einen neuen Anstoß in Richtung Frieden geben oder gar als eine Art Vermittler auftreten zu können. Das versucht sie, indem sie sich nun in einer gemeinsamen Erklärung aller 28 Mitgliedstaaten einhellig hinter die Luftangriffe stellt.
Allerdings bekundet die EU in dem Text nicht etwa ihre "volle Unterstützung", so wie die NATO das getan hatte. Es ist lediglich die Rede davon, dass man "Verständnis" für die amerikanisch-britisch-französischen Angriffe habe. Damit bleiben die Europäer in ihrer Wortwahl verhalten. Sie weichen auch von der Erklärung der Bundesregierung ab, die von einem "angemessenen und erforderlichen" Vorgehen gesprochen hatte.
Rakete über der syrischen Hauptstadt Damaskus
Der britische Außenminister Boris Johnson erklärte in Luxemburg noch einmal, dass die gezielten Angriffe "genau das Richtige" gewesen seien. Er warnte aber vor zu großen Erwartungen: "Dies ist nicht der Versuch, dem Krieg in Syrien eine Wende zu geben, das Regime auszuwechseln oder Präsident Assad loszuwerden. Ich fürchte, der Krieg wird in seiner fürchterlichen Art weitergehen. Aber es war das Signal der Welt: Wir haben genug von chemischen Waffen."
Druck auf Russland, Druck auf Assad
Auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn warnte davor, zu glauben, dass die Luftschläge nun eine entscheidende Wende in diesem Bürgerkrieg herbeiführen würden. Asselborn bekundete seine Sympathie für die Äußerungen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der davor gewarnt hatte, alle Kanäle zu Moskau zu verschließen: "Ich bin fest davon überzeugt, dass auch Russland aus diesem Morast raus will. Und dass wir als EU uns auf die Zähne beißen müssen, um wieder zu einem normalen, vernünftigen Verhältnis mit Russland zu kommen. Das ist das Einzige, was uns einer Lösung in Syrien näher bringt."
Dass es allerdings innerhalb der EU im Umgang mit Russland viele unterschiedliche Ansätze gibt, ist kein Geheimnis. Die einen werben eher für eine Annäherung - wie Asselborn. Andere mahnen, nur aus einer Position der Stärke heraus könne man im Kreml wirklich etwas bewegen. Also muss die EU neben vielen anderen auch dieses Problem noch lösen: Wie hart oder sanft sie Präsident Putin eigentlich anpacken will.
Nur eins dürfte klar sein: Eine Syrien-Lösung wird nicht möglich sein, ohne dass die EU Druck auf Moskau ausübt. Russland müsste dann wiederum Druck auf Assad ausüben, um ihn an den Verhandlungstisch zu bewegen.