EU-Parlament stimmt Telekom-Paket zu Mehr Rechte für Internet- und Handynutzer
Von Verbesserungen bei Notrufen bis zur Vergabe von Funkfrequenzen - das EU-Parlament hat ein Paket mit Neuregelungen für den Telekommunikationssektor auf den Weg gebracht. Datenschützer atmeten auf: Ihrer Warnung vor einer umfassenden Kontrolle der Internetnutzung wurde Sorge getragen.
Die Nutzer von Internet- und Mobiltelefonen sollen nach dem Willen des Europaparlaments in Zukunft mehr Rechte bekommen. Die Abgeordneten stimmten in erster Lesung dem sogenannten Telekom-Paket zu, das vier Richtlinien umfasst.
Leichter und schneller wechseln
Unter anderem sehen die Entwürfe vor, dass Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, neben den üblichen Zweijahresverträgen auch Verträge mit einjähriger Laufzeit anzubieten, hieß es in dem Gesetzesentwurf, über den am Mittwoch in Brüssel abgestimmt wurde. Zudem sollen Mobilfunk- und Festnetz-Kunden innerhalb von 24 Stunden den Telekom-Anbieter wechseln und dabei ihre bisherige Nummer behalten können. Derzeit dauert dies etwa acht Tage, in einigen EU-Ländern sogar bis zu 30 Tage. Die Anbieter sollen auch einen EU-weiten Zugang zu Notrufnummern anbieten, ebenso wie eine Hotline, bei der vermisste Kinder gemeldet werden können.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Agentur für die Regulierung der Telekommunikation in den Mitgliedsländern hat das Parlament "verschlankt". Der künftige Einfluss der Kommission auf die nationalen Regulierungsbehörden wurde damit wieder begrenzt. Auch ein Vetorecht Brüssels gegen Entscheidungen nationaler Telekombehörden wurde auf eine Verpflichtung zur Einigung herabgestuft.
Kein Einfallstor für die Internetkontrolle
Der Sorge von Datenschützern und Bürgerrechtlern, das Telekom-Paket könnte durch einen Teil seiner vielen Unterpunkte die umfassende Kontrolle der Internetnutzung ermöglichen, trugen die Abgeordneten offenbar Rechnung. So hatte das Weblog "Netzpolitik.org" vor einer Klausel in der Universaldiensterichtlinie gewarnt, die so ausgelegt werden könne, dass Internet-Zugangsprovider angehalten werden könnten, das Surfverhalten ihrer Kunden auf "rechtmäßige" und "unrechtmäßige" Inhalte hin zu überwachen.
Die Blogger sahen darin ebenso wie andere Datenschutz- und Internetaktivisten das Einfallstor, um im Auftrag von Musik- und Filmindustrie nach möglichen Raubkopien zu suchen und Bürger auszuspionieren. Ihr Schreckensszenario: Nutzern "unrechtmäßiger" Inhalte könnte der Internetzugang gesperrt oder gedrosselt werden, wie es in Frankreich auf nationaler Ebene eingeführt werden soll.
Ein Richter muss einbezogen werden
Einen Änderungsantrag, der dies verhindern sollte und von grünen und linken Abgeordneten eingebracht wurde, hat die Mehrheit des EU-Parlaments nach Angaben des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung angenommen. Die wichtigste Änderung für die Datenschützer ist nach einer ersten Analyse, dass es in der Richtlinie nun heißt, dass "die Rechte und Freiheiten der Endnutzer keinesfalls ohne vorherige Entscheidung der Justizbehörden eingeschränkt werden dürfen". Damit könne die vorgesehene Möglichkeit, dass Zugangsprovider ihre Kunden über mögliche Rechtsverstöße bei der Internetnutzung informieren dürfen, nicht für pauschale Internetüberwachung ausgenutzt werden, schlussfolgert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Die Definition, was "unrechtmäßige" Inhalte sind, liegt dabei auf der Ebene der Mitgliedsstaaten.
Der EU-Ministerrat soll im November seinen Standpunkt zu dem Telekom-Paket festlegen. Nach einer zweiten Lesung im EU-Parlament soll es 2009 verabschiedet werden.