EU-Afrika-Gipfel in Lissabon Afrikaner lassen die EU abblitzen
Der erste EU-Afrika-Gipfel seit sieben Jahren ist ohne Einigung im Handelskonflikt beendet worden. Wegen des Widerstands der Afrikaner wird das geplante Freihandelsabkommen zunächst nicht unterzeichnet. Simbabwes Präsident Mugabe kritisierte Deutschland zudem als Teil einer "arroganten europäischen Viererbande".
Die afrikanischen Staaten haben beim ersten EU-Afrika-Gipfel seit sieben Jahren der EU klare Grenzen gesetzt. Die Afrikaner wollen die Vorschläge für neue Handelsregelungen der EU so nicht akzeptieren. Dem geplanten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EPA erteilten sie eine Absage.
"Die afrikanischen Staaten sind nicht mehr nur Exporteure von Rohstoffen oder einfache Exportmärkte", stellte der Kommissionspräsident der Afrikanischen Union (AU), Alpha Oumar Konaré, in Lissabon klar. "Es ist wichtig, dass wir Denkweisen vermeiden, die in eine vergangene Zeit gehören", betonte er. "Arme Länder dürfen nicht in unfaire Abkommen gezwungen werden." Besonders die Präsidenten Südafrikas und Senegals, Thabo Mbeki und Abdoulaye Wade, lehnten das von der EU vorgeschlagene Handelsabkommen strikt ab.
Die EU-Kommission bot den Afrikanern daraufhin an, die Verhandlungen über die von der Welthandelsorganisation WTO gesetzte Frist des 31. Dezember hinaus zu verlängern. Bis dahin sollten Interimsregelungen vereinbart werden, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zum Abschluss des zweitägigen Treffens. Diese sollten in Kraft bleiben, bis die EU sich mit den afrikanischen Staaten auf ein neues Wirtschaftspartnerschaftsabkommen verständigt habe.
EU will Afrika bei Handelsverträgen entgegenkommen
Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte zudem an, die EU werde ihre Position möglicherweise "flexibilisieren". Darüber solle am Freitag auf dem EU-Gipfel in Brüssel beraten werden. Die WTO hatte bereits im Jahr 2000 die derzeitige Handelsregelung für illegal erklärt und entschieden, dass das Handelssystem zwischen der EU und 78 Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP) nur bis Jahresende fortgesetzt werden darf. Bisher gibt es in der EU für Importe aus den AKP-Staaten keine Zölle und keine Mengenbeschränkungen. Die WTO fordert Gegenleistungen der AKP-Staaten, damit andere Länder nicht benachteiligt werden.
Unterstützung in ihrer Kritik erhielten die Afrikaner von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy. "Ich glaube nicht, dass alle afrikanischen Länder heute in der Lage sind, einen Liberalismus zu akzeptieren, der für große Unordnung sorgen würde", sagte er. Die Wirtschaft Afrikas dürfe "nicht erstickt" werden. "Man muss diesen Ländern eine Übergangszeit garantieren, bevor man sie ohne Schutz in einen Markt entlässt, in dem sie die Brutalität des Handels nicht überstehen", so der französische Präsident.
Europa will Afrikas größter Handelspartner bleiben
Afrika wird für die EU zunehmend als Wirtschafts- und Handelspartner interessant. Der Kontinent erzielt seit mehreren Jahren Wachstumsraten von über fünf Prozent. Für dieses Jahr wird nach Angaben der Afrikanischen Entwicklungsbank (BAD) in Afrika ein Wirtschaftswachstum von 5,9 erwartet und für 2008 von 5,7 Prozent. Dies gehe zu einem großen Teil auf die hohen Preise zurück, die afrikanische Staaten beim Export von Rohstoffen wie Erdöl, Aluminium, Kupfer oder Gold erzielten.
Allerdings droht der EU, als bisher größter Handelspartner Afrikas von China allmählich verdrängt zu werden. Noch ist die EU mit einem Handelsvolumen von 215 Milliarden Euro im Jahr für Afrika die Nummer eins. Doch haben zum Beispiel Senegal und Nigeria bereits attraktive Abschlüsse mit dem rohstoffhungrigen China erzielt, das seine Investitionen im Gegensatz zu den Europäern nicht mit Forderungen nach mehr Demokratie verknüpft.
Mugabe attackiert Merkel
Simbabwes Präsident Robert Mugabe kritisierte zudem die Europäer. Er wehrte sich gegen den europäischen Vorwurf der Menschenrechtsverletzungen in seinem Land. Diese Kritik zeuge von der "Arroganz" einer "Viererbande" aus Deutschland, Dänemark, Schweden und den Niederlanden, sagte er nach Diplomatenangaben.
Merkel hatte sich am ersten Gipfeltag nachdrücklich für die Einhaltung der Menschenrechte eingesetzt und für einen besseren Regierungsstil in Simbabwe geworben. Andere EU-Regierungschefs unterstützten sie. Auch Menschenrechts-Organisationen lobten Merkels Auftreten. "Bravo. Sie hat gesagt, was gesagt werden musste", sagte Reed Brody von Human Rights Watch. "Das ist eine Art, die Wahrheit zu sagen, wie wir sie von europäischen Politikern erwarten."
Dagegen sagte Senegals Staatschef Wade, Merkel sei offenbar über die Zustände in Simbabwe nicht vollständig informiert. Niemand könne sagen, "dass die Menschenrechte in Simbabwe stärker verletzt werden als in anderen afrikanischen Ländern".