Verkehrsminister wollen grenzüberschreitende Verfolgung EU-weite Strafe für die "verantwortliche Person"

Stand: 02.12.2010 19:38 Uhr

Autofahrer verstoßen im Ausland drei Mal so oft gegen Verkehrsregeln wie zu Hause. Oft bleiben sie straffrei - selbst in der EU. Das wollen die EU-Verkehrsminister ändern und den Datenaustausch vereinheitlichen. Endgültig entscheidet dann das EU-Parlament über die "Knöllchen ohne Grenzen".

Von Birgit Schmeitzner, ARD Berlin

Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel

Überall in Europa gelten Verkehrsvorschriften. Da geht es um die Höchstgeschwindigkeit, um Gurtpflicht, um Dinge wie: Betrunken setzt man sich nicht hinters Steuer, und an roten Ampeln hält man an. Die Strafen für Verstöße variieren deutlich, und oft liegen sie über dem deutschen Niveau.

Interessant ist, dass sich Autofahrer in ihrem eigenen Land eher an Verkehrsregeln halten als im Ausland. Bei der EU-Kommission heißt es: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein ausländischer Fahrer gegen Verkehrsregeln verstoße, sei drei Mal höher als bei einem einheimischen Autofahrer.

Radaranlage

Bislang können Autofahrer für Verstöße im Ausland oft nicht belangt werden.

Dahinter steht wohl die Erfahrung, dass man anders als zu Hause nur schwer zur Verantwortung gezogen werden kann. Und das stimmt: Deutschland hat zwar Abkommen über Datenaustausch - und zwar mit Österreich, der Schweiz, Holland und Frankreich. Aber eine EU-einheitliche Regelung fehlte, und oft scheuten Polizeibehörden den Aufwand, über Rechtshilfeabkommen die Daten des ausländischen Verkehrssünders zu bekommen.

Die Entscheidung der EU-Verkehrsminister schafft hier Abhilfe, und zwar mit einem elektronischen Datenaustausch. Das sei eine gute Sache, meint Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer - der bei seinen europäischen Kollegen allerdings noch einen Zusatz ausgehandelt hat: Nach dem Grundgesetz sei es nicht statthaft, den Halter automatisch und in jedem Fall zu belangen - denn er muss nicht unbedingt der Fahrer sein, der das Delikt im Ausland begangen hat.

"Was passiert, wenn ihre Tochter zu schnell fährt?"

Und so einigte man sich auf die Formulierung, dass die "verantwortliche Person" zur Rechenschaft gezogen werden müsse. Nachfrage bei Minister Ramsauer: "Was passiert denn nun, wenn zum Beispiel Ihre Tochter mit Ihrem Wagen in Frankreich zu schnell fährt? Und als Beweis nur das Nummernschild fotografiert wurde, nicht aber die Person hinter dem Steuer?" Wenn kein Foto vorliege, würde nach französischer Auffassung der Halter belangt werden - das verbiete aber die deutsche Verfassung, so Ramsauer: "Wir würden deshalb darauf achten, dass diese Daten verwendet werden, den tatsächlichen Fahrer zu ermitteln - und gehen davon aus, dass es dann in diesem Fall auch die Tochter erreicht."

Jetzt fehlt noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Die gilt als relativ sicher. Der CSU-Abgeordnete Manfred Weber sagt: Es gebe EU-weit Regeln, auch im Straßenverkehr: "Wenn Sie davon abweichen, muss das sanktioniert werden. Aus der Perspektive heraus ist es richtig, dass wir europäischen Datenaustausch machen - und dass das auch verfolgt wird. Wir im EP werden das auch positiv begleiten."

Nach der Entscheidung im Parlament - voraussichtlich im Frühjahr - beginnt dann die Umsetzung in den 27 EU-Staaten. Dafür ist in der Regel eine Frist von zwei Jahren vorgesehen. Im Jahr 2013 könnten dann also die ersten "Knöllchen ohne Grenzen" in den Briefkästen landen. Wobei es eine Einschränkung gibt: Verfolgt wird erst ab einem Wert von 70 Euro.