EuGH-Urteil zu Flüchtlingen Mindeststandards auch für Straftäter
Flüchtlinge können ihr Anrecht auf Asyl verlieren, wenn sie schwere Straftaten begehen. Das entschied der Europäische Gerichtshof. Allerdings haben sie weiter Anspruch auf Schutz durch die Genfer Konvention.
EU-Mitgliedstaaten können straffälligen Asylbewerbern den Flüchtlingsstatus aberkennen, wenn diese eine Gefahr für die allgemeine Sicherheit darstellen. Das erklärte der Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil.
EU-Richtlinie im Einklang mit Genfer Konvention
Hintergrund sind die Klagen dreier Asylbewerber, denen Belgien beziehungsweise Tschechien die rechtliche Anerkennung als Flüchtling verwehrten, nachdem sie wegen besonders schwerer Straftaten verurteilt worden waren. Sie galten daher als Gefahr für die Sicherheit dort. Der EuGH sollte klären, ob der Entzug des Flüchtlingsstatus' nach EU-Regeln mit der Genfer Flüchtlingskonvention und den Grundrechten der EU vereinbar ist.
Nach Ansicht der Richter ist er das. Allerdings wiesen sie darauf hin, dass Migranten, die eine begründete Furcht vor Verfolgung in ihrem Herkunftsland haben, als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention einzustufen sind. Auch wenn Personen rechtlich nicht den Flüchtlingsstatus hätten, verlören sie nicht die Rechte, die ihnen durch die internationale Konvention zustehen.
Das Grundrecht auf Asyl ist in Artikel 16a des Grundgesetzes verankert. Wörtlich heißt es da: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Gemeint sind Menschen, die wegen ihrer Nationalität, ihrer Rasse, ihrer politischen oder religiösen Überzeugung oder ihrer sexuellen Orientierung mit schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen rechnen müssen, wenn sie in ihr Herkunftsland zurückkehren.
Asyl wird dabei nur gewährt, wenn die jeweilige Verfolgung der Person vom Staat ausgeht. Armut, Bürgerkrieg oder Naturkatastrophen sind also keine Gründe, Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes zu bekommen.
Dieser Artikel wurde zuletzt 1993 reformiert - und dabei eingeschränkt: Wer aus einem EU-Land oder einem anderen sicheren Drittstaat einreist, kann keinen Schutz nach dem Grundgesetz bekommen; wer aus einem als sicher eingestuften Herkunftsland kommt, muss die grundlegende Vermutung entkräften, dass er dort nicht politisch verfolgt wird. Asyl nach Artikel 16a des Grundgesetzes wird entsprechend selten gewährt: Im ersten Halbjahr 2018 war dies in 1,3 Prozent aller Asylanträge der Fall, im gesamten Jahr 2017 in 0,7 Prozent der Fälle.
Schutz vor Abschiebung weiter gewährleistet
Zudem dürften Menschen nach der EU-Grundrechtecharta nicht in ein Land abgeschoben werden, in dem Folter oder unmenschliche sowie erniedrigende Strafen drohen. Das Verhalten des Betroffenen - also auch kriminelles - spiele dabei keine Rolle.
Eine Person, deren Asylantrag nicht stattgegeben oder deren Asyl aberkannt wird, verfügt nicht über die gleichen Rechte wie ein förmlich anerkannter Flüchtling. In Deutschland kann ein solcher eingeschränkter Status der subsidiäre Schutz sein, den etwa Bürgerkriegsflüchtlinge bekommen. Davon zu unterscheiden ist das Asylrecht nach Artikel 16 Grundgesetz. Dieses Recht bekommt, wer in seinem Heimatland mit Verfolgung wegen seiner Nationalität, seiner Rasse, seiner politischen oder religiösen Überzeugung oder der sexuellen Orientierung rechnen muss.
Wer in Deutschland einen Asylantrag stellt, erhält unter Umständen Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention. Nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingsschutz ist dies der Fall, "wenn sein Leben oder seine Freiheit in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist."
Einen eingeschränkten Status - "subsidiären Schutz" - erhalten dagegen Menschen, die nicht unter die Genfer Flüchtlingskonvention oder das deutsche Grundrecht auf Asyl fallen. Sie müssen zwar nicht in die Heimat zurück, etwa weil ihnen dort Todesstrafe oder Folter drohen oder Bürgerkrieg herrscht. Anders als Menschen mit Asyl- oder Flüchtlingsstatus bekommen sie aber zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die verlängert werden kann.
Internationales Regelwerk
Die 1954 in Kraft getretene Genfer Flüchtlingskonvention regelt den Umgang mit Flüchtlingen. Als anerkannte Flüchtlinge gelten demnach Menschen, die wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen oder politischer Überzeugung verfolgt werden. In der Konvention ist zudem etwa der Grundsatz der Nichtzurückweisung festgeschrieben.
AZ: C-391/16, C-77/17 und C-78/17