EU-Gipfel in Brüssel Westerwelles erster Arbeitstag
Spricht er Englisch? Kennt er wohl alle Kollegen? An seinem ersten Arbeitstag als Außenminister stand Guido Westerwelle beim EU-Gipfel in Brüssel unter besonderer Beobachtung. Entsprechend zurückhaltend war denn auch sein Auftritt.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkkorrespondentin Brüssel
Es war eine demonstrative Geste: Bundeskanzlerin Angela Merkel fuhr gemeinsam mit dem neuen Außenminister Guido Westerwelle vor. Eher ungewöhnlich; Westerwelles Vorgänger Steinmeier von der SPD war diese Ehre meist nicht zuteil geworden. Anschubhilfe der Kanzlerin für ihren neuen Chefdiplomaten: "Ja, meine Damen und Herren, wir fahren als neue Regierung heute zum ersten Mal zum Rat, und wir freuen uns natürlich", so die Kanzlerin.
Westerwelle war die Freude weniger anzusehen. Zurückhaltender als man ihn bisher kannte, stand er neben der Bundeskanzlerin, blieb beim Weg zu den Kameras und Mikrofonen stets respektvoll einen halben Schritt hinter ihr. Nur die aufeinandergepressten Lippen ließen die Anspannung erahnen. Als er dann das Wort ergriff, wurden all jene enttäuscht, die eine Stellungnahme zu Inhalten des EU-Gipfels erwartet hatten. Stattdessen ging Westerwelle offensiv mit der Tatsache um, dass er im Kreis der Außenminister neu ist, seine Rolle und seinen Platz erst noch finden muss: "Es ist für mich eine sehr gute Gelegenheit, gleich am Anfang meiner neuen Amtszeit viele Kolleginnen und Kollegen kennen zu lernen." Wobei das Diplomaten zufolge durchaus auch seine Schattenseiten hat - musste Westerwelle doch vor dem Treffen stundenlang pauken, wer wer ist und welche Positionen er vertritt.
Immer einen halben Schritt hinter der Kanzlerin: Außenminister Westerwelle beim EU-Gipfel in Brüssel
Staatsmann statt Spaßpolitiker
Dennoch: Westerwelle zeigte sich entschlossen, das Beste daraus zu machen. Und ließ fast ein wenig Pathos aufkommen, indem er von einer "glücklichen Fügung" sprach. Der Staatsmann als neue Facette des FDP-Chefs, der in den vergangenen Jahren oft als Spaßpolitiker bespöttelt wurde. Dieses Image will Westerwelle loswerden, das war schon einige Stunden zuvor bei seinem offiziellen Amtsantritt im Außenministerium zu spüren und zu hören gewesen. Da sprach er von großem Respekt für die neue Aufgabe und betonte: "Deutsche Außenpolitik gehört zum wertvollsten politischen Inventar unserer Republik."
Hände schütteln ist angesagt: Erst in Berlin mit Vorgänger Steinmeier...
Englischkenntnisse vorhanden
Dass diese Außenpolitik besser funktioniert mit Fremdsprachenkenntnissen, hatte man Westerwelle zuletzt mehrfach unter die Nase gerieben. Immer seine kürzliche Weigerung vor Augen, in der Bundespressekonferenz in Berlin auf eine auf Englisch gestellte Frage zu antworten. Und so wurde genau beäugt, ob der neue Außenminister im Brüsseler Ratsgebäude die bereit stehenden Dolmetscher bemühen musste. Er musste nicht - zumindest für Gespräche auf Englisch. Gipfelteilnehmer sagten, Westerwelle beherrsche die Sprache ordentlich und zwar auch über den reinen Smalltalk hinaus.
Die ersten Hürden sind also genommen, die Glückwünsche der europäischen Kollegen zum neuen Amt sind überbracht. Doch irgendwie wurde man den Eindruck nicht ganz los, dass Westerwelle froh war, den Mikrofonen der Journalisten zu entkommen - erleichtert zog er mit Angela Merkel von dannen.