EU-Gipfel in Brüssel Kein Kompromiss beim Klimaschutz
EU-Gipfel sind selten von ungetrübter Harmonie geprägt, und auch diesmal warten auf die Teilnehmer zähe Verhandlungen. Die erste Verhandlungsrunde ging zunächst ohne Ergebnis zu Ende. Etliche Länder fordern Sonderregeln für die Industrie. Nun soll bilateral verhandelt werden.
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben bei der ersten Runde der Beratungen zum EU-Klimapaket keine Einigung erzielen können. Nun soll in bilateralen Gesprächen eine Lösung erarbeitet werden, heißt es aus Diplomatenkreisen.
Allianz für Abstriche
Deutschland, Italien und Polen fordern starke Abstriche bei den Klimaschutzauflagen für Industrie und Kraftwerke, die die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Die Bundesregierung fürchtet, dass energieintensive Industrien auswandern könnten und verlangt deshalb, ihnen beim Emissionshandel Verschmutzungsrechte gratis einzuräumen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte die EU-Partner dazu auf, konsequenten Klimaschutz ohne Vertreibung der Industrie aus Europa zu betreiben. Es müsse der effizienten Industrie ermöglicht werden, weiter in der EU zu produzieren.
Vor dem Gipfel hatte Merkel bereits eingeräumt, dass die Verhandlungen um das EU-Klimaschutzpaket schwierig werden dürften. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi drohte mit einem Veto. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy appellierte an die Kompromissbereitschaft aller Teilnehmer. Er warnte vor einem "Theater der Spaltung", das die EU bei den internationalen Klimaschutzverhandlungen in Posen blamieren würde.
Auf dem EU-Gipfel beraten die Staats- und Regierungschefs außerdem über das von der EU-Kommission vorgeschlagene 200 Milliarden Euro schwere Konjunkturprogramm, mit dem die Wirtschaft vor einer langen schweren Rezession bewahrt werden soll. Die Bundesregierung unterstütze den Plan grundsätzlich, sagte Merkel. Deutschland sei sich seiner Verantwortung als größte Wirtschaftsmacht Europas bewusst und werde schauen, was es noch tun könne.
In Frankreich und Großbritannien erwartet man aber größere Anstrengungen von Deutschland, die Rezession zu bekämpfen und wirft der Bundesregierung kaum verhohlen Kleinmut vor. Sarkozy und der britische Premier Brown hatten sich am Wochenanfang demonstrativ in London getroffen. Dass Merkel zu dieser Begegnung nicht geladen worden war, wurde allgemein als Ausdruck der Unzufriedenheit mit der Politik der Kanzlerin gewertet. Umgekehrt griff Bundesfinanzminister Peer Steinbrück die Steuerpolitik der britischen Regierung in einem Interview ungewohnt offen an, was in London die Verärgerung über Berlin noch verstärkt haben soll.