EU-Gipfel in Brüssel Kompromiss bei Klima und Konjunktur
Die Verhandlungen waren zwar zäh, die erste Runde sogar ergebnislos. Doch nun zeichnet sich bei den Staats- und Regierungschefs Zustimmung für das 200-Milliarden-Euro-Konjunkturpaket und die ehrgeizigen Klimaschutzziele ab. Heute wollen sie die Beschlüsse verabschieden.
Die Staats- und Regierungschefs der EU treffen sich heute in Brüssel, um die ehrgeizigen Klimaschutzziele und ein 200-Milliarden-Euro-Konjunkturprogramm zu verabschieden. Experten arbeiteten in der Nacht an Kompromissformeln für strittige Punkte. Die Runde hatte gestern den Willen zur Einigung demonstriert.
Zum Auftakt des Gipfels gab es wieder Hoffnung für den Vertrag von Lissabon, der die EU handlungsfähiger machen soll: Die Iren hatten im Juni bei einer Volksabstimmung Nein zu dem Vertrag gesagt. Mit Zugeständnissen an Irland dürfte nun der Weg für eine zweite Volksabstimmung frei sein - die EU hofft dann auf ein Ja.
Unter dem Druck der Weltwirtschaftskrise will die EU die Industrie bei den milliardenschweren Kosten für den Klimaschutz entlasten. Zwar tasten die 27 EU-Staaten ihre ehrgeizigen Ziele nicht an - sie wollen weiter globale Vorreiter sein. Doch sollen "Energiefresser" unter den Unternehmen geschont werden. Der EU-Ratsvorsitzende und französische Präsident Nicolas Sarkozy, hatte versprochen, alles zu tun, um das teuerste und komplizierteste Gesetzespaket in der Geschichte der EU auf den Weg zu bringen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel geht davon aus, dass die deutschen Forderungen zu erfüllen seien. Berlin verlangt unter anderem beim Handel von Verschmutzungsrechten Ausnahmen für Industriezweige mit viel Energieverbrauch wie Zement, Stahl oder Papier.
Außerdem soll vor Dezember 2009 klar sein, welche Branchen von den strengen Auflagen befreit werden. Damit will Merkel den Unternehmen Planungssicherheit geben. Die Kommission will Zusagen für Ausnahmen erst nach der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen Ende 2009 machen. Dann erst stehe fest, welche Branchen weltweit ähnliche Klimaschutzauflagen hätten, argumentiert die Kommission.
"Italien hat alles bekommen"
Zum Klimapaket sagte der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi: "Wir sind einer Einigung nahe." Italien habe alles bekommen, was es gefordert habe. Die EU hat im März 2007 beschlossen, ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um ein Fünftel gegenüber 1990 zu senken. Jetzt geht es um die konkrete Umsetzung und Lastenteilung.
Außerdem ist eine Art Klima-Solidarbeitrag für die mittel- und osteuropäischen neuen EU-Staaten umstritten. Sie sollen zusätzliche Mittel aus den Einnahmen für den geplanten Verkauf von Verschmutzungsrechten erhalten. Die französische Ratspräsidentschaft hatte dazu vorgeschlagen, aus den an die Mitgliedsländer verteilten Emissionsrechten zwölf Prozent zusätzlich an Polen und andere osteuropäische Länder zu vergeben. Aus polnischen Regierungskreisen hieß es, man habe seine Ziele erreicht.
Barroso steht mit Konjunkturpaket vor Erfolg
Für EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso dürfte der Gipfel unterdessen ein Erfolg werden. Seine Initiative für das 200-Milliarden-Konjunkturpaket dürfte die Zustimmung aller 27 Partner bekommen. Dies entspricht 1,5 Prozent des EU-weiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Mit 170 Milliarden Euro sollen die Mitgliedstaaten den Löwenanteil stemmen.
Die Bundesregierung ist der Ansicht, dass zwei nationale Pakete mit einem Umfang von insgesamt 32 Milliarden Euro als Beitrag ausreichen. Es gibt aber Stimmen in Europa, die von Deutschland als der größten Volkswirtschaft in Europa mehr Einsatz fordern.