Baerbock in Griechenland Ein ziemlich kritischer Partner
Eigentlich steht Bundesaußenministerin Baerbock mit ihrem Besuch in der Türkei die schwierige Station ihrer Auslandsreise noch bevor. Doch schon in Griechenland sorgen altbekannte Streitpunkte für Spannungen.
Bei ihren Besuchen in Griechenland und der Türkei will Bundesaußenministerin Annalena Baerbock auch für Geschlossenheit innerhalb der NATO werben - gerade angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Doch schon in Athen - der ersten Station ihrer Reise - bekommt die Grünen-Politikerin die jahrzehntelangen Spannungen zwischen den beiden eigentlichen Bündnispartnern Griechenland und Türkei deutlich zu spüren und muss selbst Kritik einstecken.
So prangerte Nikos Dendias, der griechische Außenminister, die deutschen Rüstungsexporte in die Türkei an, allen voran die Ausfuhr von U-Booten. Tatsächlich hat Deutschland seit 2004 Kriegsschiffe oder Bauteile für diese im Milliardenwert an die Türkei geliefert. "Mit diesen U-Booten ist die Gefahr groß, dass das Kräfteverhältnis im Mittelmeer aus den Fugen gerät", warnte Dendias und warf im gleichen Atemzug der Türkei vor, seinem Land effektiv mit Krieg gedroht zu haben.
Baerbock versichert Griechenland Solidarität
Der Konflikt zwischen der Türkei und Griechenland schwelt seit Jahrzehnten. Zum einen streiten beide Länder über mögliche Erdgasvorkommen im Mittelmeer. Erst am Dienstag hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, die umstrittenen Bohrungen nach der Ressource wieder aufnehmen zu wollen. Zum anderen zweifelt die Türkei den Grenzverlauf vor der türkischen Küste an und damit die territoriale Zugehörigkeit mehrerer Inseln zu Griechenland.
In letzterem Punkt stellte sich Baerbock klar hinter Griechenland. "Griechische Inseln sind griechisches Territorium, und niemand hat das Recht, das infrage zu stellen", betonte die Bundesaußenministerin. Und diese Botschaft werde sie auch nach Istanbul mitnehmen, wo sie zu Gesprächen mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu zusammenkommen will. Die Bundesregierung werde keinen Zweifel daran lassen, dass man solidarisch an der Seite Griechenlands stehe und für die europäische Familie einstehe, betonte Baerbock.
Doch die Grünen-Ministerin wirbt auch dafür, dass Griechenland und die Türkei ihren Konflikt durch gemeinsamen Dialog lösen sollten. Das sollte zwischen NATO-Verbündeten selbstverständlich sein und sei vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine umso drängender. Denn "Streit in den Reihen des Bündnisses ist genau das", was der russische Präsident Wladimir Putin wolle.
Hoffen auf den Ringtausch
Um die Ukraine zu unterstützen, strebt die Bundesregierung einen sogenannten Ringtausch mit Griechenland an. Auch mit anderen Ländern wie Polen, Tschechien und der Slowakei steht Deutschland darüber in Verhandlung. Diese Länder sollen Militärgerät sowjetischer Bauart an die Ukraine liefern, da deren Soldaten im Umgang mit dieser Ausrüstung ausgebildet sind. Deutschland soll dann quasi die Lücken, die im Rüstungsbestand der liefernden Länder entstanden sind, füllen. Im Fall von Griechenland sollen deutsche Marder-Schützenpanzer an die Ukraine gelieferte Schützenpanzer vom Typ BMP-1 ausgleichen.
Doch der Ringtausch stockt - Griechenland besteht darauf, seine Schützenpanzer erst auszuliefern, wenn die Panzer aus Deutschland angekommen sind. Baerbock zeigte sich nun in Athen trotzdem optimistisch, den Ringtausch doch bald umsetzen zu können: "Ich denke, dass wir hier auf einem guten Weg sind." Es habe bereits gegenseitige Besuche gegeben, um die Panzer zu begutachten und die Ukraine sei in die Verhandlungen auch bereits einbezogen.
Erneutes Nein zu Reparationszahlungen
Während Baerbock beim Ringtausch auf eine baldige Einigung mit der griechischen Regierung hofft, schaltete die Bundesaußenministerin bei einem anderen Punkt auf stur. Zum wiederholten Male forderte Dendias für die von deutschen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs angerichtete Zerstörung in seinem Land Reparationszahlungen. Eine griechische Parlamentskommission schätzt die Summe dieser Kriegsschäden auf mindestens 289 Milliarden Euro.
Doch Baerbock bleibt bei der Linie, die vor ihrer eigenen Ampel-Koalition auch schon die Große Koalition vertreten hat: Das Thema sei juristisch abgeschlossen, Griechenland habe keinen Anspruch auf Reparationszahlungen. Offen zeigte sich Baerbock hingegen für die Förderung von Projekten, die der Erinnerungskultur dienten, sowie für die soziale und medizinische Unterstützung von Überlebenden des Weltkrieges. Bereits gestern hatte Baerbock bei dem Besuch des Athener Holocaust-Mahnmals betont: "Die Verantwortung für die eigene Geschichte, die kennen wir, und die hat für uns keinen Schlussstrich."