Trotz knappen Wahlerfolgs Dänische Ministerpräsidentin will vorerst zurücktreten
Die dänische Ministerpräsidentin Frederiksen hat trotz eines knappen Wahlsieges ihren Rücktritt angekündigt und will nun eine neue Regierung bilden. An einem spannenden Wahlabend holte das Linksbündnis um Frederiksen eine Mehrheit mit nur einem Sitz Vorsprung.
Die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen hat trotz des Wahlerfolgs ihrer Sozialdemokraten ihren Rücktritt angekündigt. Sie wolle sich an der Bildung einer neuen Regierung mit einer breiteren parteiübergreifenden Unterstützung versuchen, sagte Frederiksen in der Nacht. Diese Absicht hatte sie bereits vor dem Urnengang angedeutet.
Für sie sei klar, dass hinter der Regierung in ihrer jetzigen Form keine Mehrheit mehr stehe, erklärte Frederiksen nun. Daher werde sie noch am Mittwoch ihren Rücktritt bei Königin Margrethe II. einreichen. Mit Vertretern anderer Parteien werde sie sich daraufhin zu Sondierungsgesprächen treffen.
Mini-Mehrheit für das Linksbündnis
Zuvor hatte das Mitte-links-Bündnis um die Sozialdemokraten von Frederiksen bei den Parlamentswahlen in letzter Minute eine voraussichtliche minimale Mehrheit erhalten. Nach Auszählung aller im Land abgegebenen Stimmen kam das linksgerichtete Lager in der Nacht doch noch auf die aller Voraussicht nach zur Mehrheit reichenden 87 Sitze.
Das "blauer Block" genannte Bündnis aus Liberalen, Konservativen und Rechtspopulisten kam auf 73 Sitze. Die Moderaten-Partei von Ex-Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen zieht mit 16 Abgeordneten erstmals in Parlament ein.
Hochrechnungen des Senders TV2 hatten die für Frederiksen wichtige Zahl von 87 Sitzen bereits am späten Abend vorhergesagt, nach Auszählung letzter Stimmen sprang der Wert auch beim Sender DR von 86 auf 87 Mandate. Auf der Wahlparty der Sozialdemokraten gab es Jubel und Tränen des Glücks.
Stimmen der Färöer-Inseln und Grönlands entscheidend
Für eine Mehrheit im dänischen Parlament in Kopenhagen sind 90 der 179 Sitze notwendig. 175 dieser Mandate werden in Dänemark vergeben, jeweils zwei in Grönland und auf den Färöer-Inseln, die beide offiziell zum Königreich Dänemark zählen.
Die färöischen Mandate wurden bereits am Montag unter den beiden Blöcken aufgeteilt. Am frühen Mittwochmorgen gingen dann die zwei in Grönland vergebenen Mandate an das Mitte-Links-Lager, das somit auf eine hauchdünne Mehrheit von 90 der 179 Sitze im Folketinget kommen dürfte.
Frederiksen strebt breite Regierungszusammenarbeit an
Frederiksen hatte im Wahlkampf mehrmals betont, eine breite Regierungszusammenarbeit über die politische Mitte hinweg anzustreben. Eine rote Mehrheit dürfte ihre Verhandlungsposition in der Hinsicht entscheidend verbessern.
Gehen die zwischen den Blöcken stehenden Moderaten von Ex-Regierungschef Lars Løkke Rasmussen oder Parteien des blauen Mitte-rechts-Blocks nicht auf ihre Forderungen ein, könnte sie mit der Aussicht großen Druck ausüben, stattdessen wieder auf ihren roten Block zu setzen. Dieser unterstützt Frederiksens bisherige sozialdemokratische Minderheitsregierung bereits heute im Parlament.
Mette Frederiksen, Ministerpräsidentin von Dänemark, verlässt eine Wahlkabine bei der Parlamentswahl 2022 in einem Wahllokal.
Frederiksen bedankt sich
Regierungschefin Frederiksen hatte das Wahlergebnis am späten Abend im Online-Netzwerk Instagram mit dem Wort "Danke" und einem Foto kommentiert, das sie lächelnd zeigt. "Ich bin sehr, sehr glücklich", sagte Frederiksen nach dem langen Wahlabend vor Journalisten bei ihrer Ankunft im Parlament in Begleitung ihres Ehemanns.
"Die Ergebnisse zeigen, dass es erneut eine rote Mehrheit im Parlament gibt", erklärte der Parteichef der unterlegenen Liberalen, Jakob Ellemann-Jensen, nach Veröffentlichung der Resultate. Seine Partei verlor rund zehn Prozentpunkte im Vergleich zu 2019.
Vorherrschende Themen im Wahlkampf waren neben dem Kampf gegen die Inflation vor allem Klimafragen und die Gesundheitspolitik. Am Sonntag hatten sich rund 50.000 Menschen, darunter Frederiksen, an einem Klima-Marsch durch Kopenhagen beteiligt. Die Zuwanderung spielte keine Rolle, in dem EU-Land herrscht seit gut 20 Jahren parteiübergreifende Einigkeit hinsichtlich einer restriktiven Einwanderungspolitik.
Neuwahlen statt Misstrauensvotum
Frederiksen hatte die Wahl vorgezogen, um einem Misstrauensvotum gegen ihrer Minderheitsregierung durch eine verbündete Partei zu entgehen. Hintergrund war, dass Frederiksen Ende 2020 alle Zucht-Nerze in Dänemark aus Furcht vor einer Coronavirus-Mutation keulen ließ.
Die Anordnung erwies sich als rechtswidrig, was zum Rücktritt eines Ministers und zu einer parlamentarischen Untersuchung führte. Rasmussen verlangt von Frederiksen, dass ihre Rolle in dem Skandal untersucht wird.